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Die Guardian Caps

Safety first?! – ein NFL-Kommentar

Jeder NFL-Fan, der in den letzten Wochen ein wenig die Trainingscamps verfolgt hat, dem sind mit Sicherheit die neuen Helme aufgefallen. Mir persönlich ist erst auf den zweiten Blick klar geworden, dass es sich aber gar nicht um alternative Helme handelt, sondern lediglich um Aufsätze, die an den ursprünglichen Helmen befestigt werden. Optisch wirken diese zunächst ungewohnt und fast schon witzig, aber sie haben eine wichtige Aufgabe zu erfüllen: Sie sollen zusätzlichen Schutz für die Köpfe der Spieler vor den Folgen regelmäßiger Erschütterungen bieten.

Das Thema Kopfverletzungen im Football beschäftigt die Verantwortlichen und alle Spieler seit Anfang der 2000er Jahre. Seither erscheinen regelmäßige Forschungsberichte, die immer neue erschreckende Erkenntnisse ans Tageslicht bringen. Dabei geht es nicht immer nur um akute Folgen, wie beispielsweise Gedächtnis- und Denkprobleme, sondern vor allem um langfristige Folgeerscheinungen und Erkrankungen im Gehirn. Denn Footballspieler leiden nicht nur überdurchschnittlich oft und früh an Demenz, sondern auch an Depressionen und an CTE (chronisch-traumatische Enzephalopathie). Diese Kombination aus Folgeerscheinungen erhöht nicht nur das Suizidrisiko erheblich, sondern wird oftmals auch als Grund für eine erhöhte Straffälligkeit vieler Football-Spieler herangezogen.

In Folge der langanhaltenden Kritik musste die NFL irgendwann reagieren. So begannen sie mit einzelnen Regeländerungen, die insbesondere schwere Tackles und harten Helmkontakt mit Strafen belegten. Dies kam zwar bei vielen Besitzern und in den Vorständen gut an – viele Spieler kritisierten die Änderungen jedoch als spielfremd. Weitere Schritte zu Bekämpfung von Kopfverletzungen war die Einführung des „concussion protocol“, das Spielern, die nachweisliche eine Gehirnerschütterung erlitten haben, eine Zwangspause auferlegt, um die Verletzung ordentlich heilen lassen zu können.

Außerdem spendete die NFL 2016 unter starkem öffentlichem Druck knapp 100 Mio. $ an die medizinische Forschung über Kopfverletzungen und an die technische Entwicklung neuer Helme. Eine Anpassung der Schutzausrüstung, war also bereits 2016 bei der NFL ein Thema.

Dennoch hat es bis 2022 gedauert, dass auch eine wirklich praktische Anpassung an der Schutzausrüstung der Spieler vorgenommen wurde. Nach dem Ende der letzten Saison wurde bekanntgegeben, dass das Tragen der „neuen“ Guardian Caps in den anstehenden Trainingslagern aller 32 NFL-Teams verpflichtend sein wird. Dieser Schritt wirkt auf den ersten Blick wie ein Schritt in die richtige Richtung, allerdings gibt es den Prototypen der Caps bereits seit 2010. Daher muss man doch hinterfragen, warum es knapp 13 Jahre gedauert hat, bis dieser Schritt zu Gunsten der Sicherheit aller Spieler gegangen wurde.

Letztendlich muss man aber an dieser Stelle festhalten: Besser spät als nie! So scheint man an offizieller Stelle Einsicht erhalten zu haben, sodass während der intensiven Trainingsphasen in den Camps der Kopf zusätzlich geschützt werden muss. Wirklich verpflichtend ist das Tragen zwar nur für alle Linemen, Linebacker und Tight Ends zwischen Beginn der Trainingscamps und dem zweiten Preseason Spiel. Allerdings haben einige Teams, u.a. die Steelers, sich dafür entschieden die offiziellen Richtlinien auszuweiten und auf weitere Teile des Rosters anzuwenden.

Als statistische Daten gibt die NFL an, dass sich die Einschlagskraft bei einem Hit zwischen einem Spieler mit Guardian Cap und einem Spieler ohne um knapp 10% verringert. Tragen beide Parteien bei ihrem Aufeinandertreffen eine solche Cap sogar um 20%.

Auf der Basis dieser Daten haben sich sehr viele Coaches wie Frank Reich (Colts), Ron Rivera (Commanders), Mike Tomlin (Steelers) und Mike Vrabel (Titans) sehr positiv über die Nutzen der Caps ausgesprochen. Schließlich sei es die moralische Pflicht eines Trainers für die Sicherheit seiner Truppe zu sorgen, so Tomlin. Er hatte seine Spieler bereits im Frühjahr, also bevor die offizielle Vorschrift von Seiten der Liga kam, angewiesen nur noch mit Guardian Caps zu trainieren. Er zählt zu den größten Befürwortern der neuen Maßnahme. Ein wichtiges Anliegen in diesem Zusammenhang war es Tomlin, die Hintergründe seiner Entscheidung dem Team mitzuteilen. Aufklärung gegenüber den Spielern ist nämlich von großer Wichtigkeit, wenn es um die zukünftige Akzeptanz der neuen Caps geht.

Wie so oft ernteten die Guardian Caps aber nicht nur Zuspruch innerhalb der Liga. So begrüßte Packers Head-Coach Matt LeFleur zwar die Intention hinter den Caps, allerdings äußerte er auch Bedenken an anderer Stelle. Er befürchtet Spieler könnten durch den zusätzlichen Schutz zu selbstbewusst werden, dass sie mit den Köpfen voran gehen können. Falsches Selbstbewusstsein bzw. Selbstüberschätzung würde an dieser Stelle der eigentlichen Technik des Blockens schaden.

Unterstützung in seinen Bedenken bekommt LeFleur aus den eigenen Reihen: Linebacker De’Vondra Campbell hält die Guardian Caps sogar für dumm: „Ihr sagt ihr tut es, um uns zu schützen, aber in dem Moment, in dem wir sie (die Caps) abnehmen, werden wir es gewohnt sein mit ihnen zu spielen, sodass es sich, wenn du ohne sie spielst, deutlich anders anfühlen wird.“

Diese Form der Kritik an dem neuen Konzept kann ich gut verstehen. Dennoch spricht sich Campbell hier in meinen Augen nicht gegen den Einsatz der Caps, sondern gegen deren Beschränkung aus. Aus seinem Statement würde ich lesen, dass die Guardian Caps einen deutlich spürbaren Unterschied für die Spieler in ihrem Spiel machen. Erst wenn sie den zusätzlichen Schutz ablegen, werden sie merken, wie viel geschützter sie mit ihm waren.

Das führt mich zu meiner abschießenden Betrachtung des Themas der Guardian Caps: Welche Rolle werden sie in der Zukunft spielen? Ich hoffe nämlich sehr, dass die Implementierung der neuen Caps während der Trainingscamps nur der erste Schritt in eine neue Richtung ist. Ich bin der Überzeugung, dass die Liga und alle sportlich Verantwortlichen den Fokus klar auf die Sicherheit der Sportler legen sollten.

Das verpflichtende Tragen der Caps während der gesamten Saison wäre (unter Berücksichtigung der Kritik der Spieler) in meinen Augen nur der einzig richtige Schritt. An diesem Punkt höre ich schon die Aufschreie über das optische Erscheinungsbild der Caps und ich muss sagen: Ja, in der aktuellen Ausprägung gewinnen sie keinen Schönheitswettbewerb. Es wäre selbstverständlich eine große Umstellung für alle Football-Fans sich an das Erscheinungsbild zu gewöhnen. Allerdings könnte in Zukunft noch einiges design-technisch verbessert und angepasst werden. Eventuell gäbe es die Möglichkeit die Caps mit den Helmen zu einem Hybrid zu vereinen, der die gleiche zusätzliche Schutzfunktion bietet und die Ästhetik eines Footballhelms weitgehend beibehält.

Aber selbst wenn das optische Bild bestehen bleibt, wäre es etwas, das in meinen Augen die zusätzliche Sicherheit der Spieler wert. Schließlich konnte man sich in der Formel 1 auch an den Bügel vor dem Cockpit gewöhnen, der nach Bianchis schwerem Unfall angebaut wurde. Schließlich sollen die Spieler zu unserer Unterhaltung nicht täglich ihr Leben riskieren. Aus den Zeiten sollten wir hoffentlich schon lange raus sein.

Das „Ticket-Sale Debakel“

Die NFL in München: ein Kommentar

Am 09. Februar wurde es offiziell! Die NFL trägt ihre ersten internationalen Spiele auch in Deutschland aus! Während 2022 die Allianz Arena in München als Austragungsort dienen wird, soll 2023 das Spiel in der Commerzbank-Arena in Frankfurt stattfinden. Das Feedback zu dieser Entscheidung war durchweg positiv: Immerhin war die Ansetzung der beiden Spiele eine Wertschätzung des deutschen Interesses am American Football. Schließlich scheint sich Deutschland als lukrativer Markt herausgestellt zu haben.

Der Hype war bei mir und vielen anderen Fans seitdem extrem groß! Schließlich bot sich die Möglichkeit endlich mal ein Footballspiel live zu sehen, ohne dafür eine halbe Weltreise unternehmen zu müssen. Aber unmittelbar nach der Verkündung war klar: Nicht jeder Interessierte wird Tickets ergattern können. Bereits am Tag der Bekanntgabe melden sich über 200.000 Menschen für den Newsletter an, um über den weiteren Vorgang bei der Ticketvergabe auf dem Laufenden zu bleiben. Eine Zahl die fast dreimal in die Allianz Arena gepasst hätte. Dementsprechend skeptisch äußerten sich einige Fans auf Social Media, dass es als Normalsterblicher wohl fast unmöglich sein wird an Karten zu kommen.

Als dann die Teams offiziell verkündet wurden, die in der Allianz Arena aufeinandertreffen werden, stieg der Hype noch weiter an! Mit den Seattle Seahawks und den Tampa Bay Buccaneers trifft nämlich eines der beliebtesten Franchise in Deutschland auf den erfolgreichsten Quarterback der NFL-Geschichte. Von einer solchen Paarung hatten vorher vielleicht noch viele geträumt, aber eher nicht gerechnet. Schließlich trafen doch eher Team auf dem Niveau der Jaguars und Jets in den letzten London-Games aufeinander. Da blieb nur noch eine Frage offen: Wann wird es die Tickets geben?

Diese Frage ließ sich über den Newsletter und alle Kanäle der NFL Deutschland beantworten: ab dem 19. Juli um 10 Uhr. Die Karten wurden über den Ticketanbieter Ticketmaster vertrieben, die bereits einen Monat zuvor die VIP bzw. Hospitality Tickets angeboten hatten. Jeder Football-Fan wusste, dass man pünktlich auf der Website sein musste, um überhaupt eine Chance auf Karten haben zu können. Schließlich war der riesige Andrang auf die Tickets bereits lange vor Verkaufsstart bekannt. Als es dann aber ab 10 Uhr ans Eingemachte ging, war die Enttäuschung bei vielen groß. Viele eingefleischte NFL-Fans, die seit Jahren den Sport verfolgen und sich sehr auf die NFL im eigenen Land gefreut hatten, gingen leer aus. Der Grund: Beim Ticketverkauf ging einiges schief. Was genau passiert ist und was man daraus hoffentlich für den Verkauf kommender Spiele lernen kann, möchte ich ein bisschen genauer untersuchen.

Bevor ich auf die Website und ihre (mangelhaften) Mechanismen eingehen werde, muss ich festhalten, dass ich nicht tief in der Thematik des Ticketverkaufs drin bin. Den einizigen Berührungspunkt, den ich mit schnell Transaktionen im Internet in den letzten Jahren hatte, waren die NVIDIA-Grafikkarten Drops auf notebooksbilliger.de, bei denen ich immer das Nachsehen hatte. Daher hoffe ich sehr auf den Input anderer Menschen, die gerne etwas Kontext zu dem Vorgehen von Ticketmaster geben können.

Der Warteraum

Grundsätzlich erschließt sich mir das System, dass sich frühzeitig vor Verkaufsstart ein Warteraum öffnet, in den sich besonders hingebungsvolle Fans rechtzeitig einfinden, um einen guten Platz in der Warteschlange zu erhalten. Dies scheint allerdings so nicht der Fall zu sein. Anders als bei einer Schlange vor einem Laden, werden die ersten in einem Warteraum auch nicht die ersten beim Kartenverkauf sein. Stattdessen bekommt jeder in diesem Raum eine zufällige Position in der Schlange zugelost, was mir im ersten Moment nicht logisch erschienen ist. Bei zweiter Betrachtung verstehe ich jedoch, dass im Internet andere Regeln als in Geschäften gelten: Viele Menschen lauern mit ihren Bots nämlich genau auf solche Gelegenheiten. Der Zufallsfaktor soll in dieser Gleichung dabei Abhilfe schaffen.

Nun möchte ich an dieser Stelle die Sinnhaftigkeit dieser Methode in Frage stellen, wenn man sich anschaut, dass es innerhalb weniger Minuten nach Freischaltung der Tickets bereits Angebote auf E-Bay gab, die die Karten für knapp das 10-fache ihres Wertes anboten. Gleichezitig tut es mir einfach nur weh zu hören, dass es Menschen gibt, die seit der Freischaltung des Warteraums dabei waren und am Ende ohne Tickets dastanden. Eventuell sollte man dann erst kurz vor Verkaufsstart einen solchen Raum anbieten, damit man sich nicht bereits Stunden zuvor einloggen kann, wenn dies eh keinen Vorteil bietet.

Die „Begrenzung“ der Karten

Ein weiterer Aspekt, der für viel Unmut gesorgt hatte, war die Einschränkung der Karten auf 6 pro Person. Dies war in den Augen vieler deutlich zu hoch angesetzt. Dieser Auffassung kann ich mich bedenkenlos anschließen, da 3 Karten pro Person auch vollkommen ausreichend gewesen wären. Dies hätte den Einfluss von Bots deutlich eingeschränkt, da diese mit Sicherheit immer die maximale Anzahl an Tickets erworben haben.

Daher hätte ein geringeres Maximum pro Person in meinen Augen zu einer faireren Chance für die tatsächlichen Fans geführt. Dies sollte man für die künftigen Tickets-Sales in Deutschland berücksichtigen und hier das Limit etwas nach unten schrauben.

Bots und Reseller: ein Geschwür des Internets

Das Hauptthema der gesamten Diskussion ist bereits in den ersten beiden Punkten mitgeschwommen: die Bots und ihre Folgen. Dieses Thema ist selbstverständlich kein neues Phänomen, sondern beschäftigt die Branche schon so lange, wie es sie gibt. Menschen, die versuchen unmittelbar zu Verkaufsstart möglichst günstig an eine Vielzahl von Tickets zu gelangen, um sie anschließend, überteuert zu verkaufen, gibt es schon lange. Ein „Geschäftsmodell“, das sich erstaunlich lange hält, weil es wahnsinnig lukrativ zu sein scheint. Selbstverständlich blieb auch ein so großes Event, wie das erste NFL-Spiel in Deutschland, nicht von diesen Geschäften verschont.

Wie bereits angeschnitten gingen bereits wenige Minuten nach der Freischaltung der Karten die ersten Angebote der Reseller online. Und diese hatten es in sich: Knapp das 10-fache des ursprünglichen Preises wird auf E-Bay, Viagogo und co. für die Karten verlangt. Der Frust der deutschen bzw. europäischen NFL-Fans ist daher verständlich:

Dabei hat man in der Branche bereits viele Erfahrungen im Umgang mit diesem Thema sammlen können. Deswegen gäbe es auch bereits einige Herangehensweisen, die diesen Geschäften einen Riegel hätten vorschieben können. So hätte man mit einer Zwischenschaltung von Captcha-Aufgaben Bots herausfiltern und deren Zugang zum Kauf verhindern können. Scheinbar hat man sich bei Ticketmaster aber gegen eine solchen Schutz entschieden.

Oder man hätte den ganz besonders harten Weg gehen können, indem man die Tickets personalisiert hätte. Einen Schritt, den ich persönlich sehr begrüßt hätte, weil so mit maximaler Transparenz die wirklichen Fans an ihre Karten gekommen wären. Den Themenkomplex Datenschutz möchte ich an dieser Stelle nur in einem Nebensatz thematisieren, da ich auf diesem Gebiet kein Experte bin und ich es darüber hinaus im Zusammenhang mit einem freiwilligen Besuch eines Events komplett bedenkenlos finde.

Fazit: Was holen wir für die Zukunft mit?

In meinen Augen liegt unter dem Strich das Versagen bei Ticketmaster und der NFL selbst. Selbstverständlich lässt sich das überteuerte Wiederverkaufen von Karten nicht komplett verhindern, allerdings wurde bei dem Verkauf allen Scalpern und Bots dieser Welt komplett freie Hand gelassen. Dies darf bei einem Event dieser Größe und Brisanz einfach nicht passieren! Ich hoffe sehr, dass die wichtigen Personen an den richtigen Stellen aus den gemachten Fehlern lernen und entsprechende Änderungen für den Ticketverkauf für das Spiel in Frankfurt 2023 machen werden.

Diese umfassen einige der hier angesprochenen Aspekte. Bezüglich des Warteraums bin ich zwiegespalten. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass Leute mit Engagement, die sich frühzeitig „in die Schlange stellen“ auch dafür belohnt werden sollten. Allerdings ist dies online deutlich leichter als beispielsweise für Camper vor einem Sneaker-Geschäft. Daher sehe ich hier nicht zwingend Handlungsbedarf. Eine einschneidendere Begrenzung der maximalen Tickets pro Person wäre da schon deutlich sinnvoller.

Was in kommenden Sales aber unbedingt benötigt werden wird, ist mindestens ein Schutz via CAPTCHAs oder sogar personalisierte Tickets. Denn unter dem Strich sollen nicht Dritte von einem solchen Event profitieren, sondern einzig und alleine die Fans. Ich denke mit dieser Ansicht bin ich nicht der Einzige und ich hoffe, dass dies für das kommenden Spiel in Frankfurt berücksichtigt wird.

Jetzt zählt Eure Meinung! Wie seht ihr das System des Warteraums an? Ist das sinnvoll oder einfach Blödsinn? Wie viele Tickets sollten pro Person maximal zur Verfügung stehen? Habt ihr noch weitere Verbesserungsvorschläge, wie man den Verkauf möglichst fair gestalten könnte? Konntet ihr allen Umständen zum Trotz dennoch Tickets erwerben? Ich freue mich sehr auf angeregte (und bitte möglichst sachliche) Diskussionen auf den sozialen Medien (Twitter oder Instagram) und den Kommentaren des Posts.

Zum Abschluss noch eine Bitte: Egal wie gerne ihr noch ins Stadion wollt – UNTERSTÜTZT AUF GAR KEINEN FALL DIE AKTUELLEN PREISE! Wie immer gilt der Preis wird durch die Nachfrage bestimmt. Solange also niemand bei diesen absurden Preisen zuschlägt, machen die Reseller keinen Profit und die Preise werden immer weiter sinken. Also tut Euch und Eurem Geldbeutel den Gefallen und warte kollektiv auf einen Preisabfall, denn man kann die Tickets für jeden Preis online stellen – solnage sie niemand kauft haben diese Karten auch nicht diesen Wert!

NFL-Taktikschule

Teil 4 – Wie Schach nur ohne Würfel

In den ersten drei Teilen der Taktikschule habe ich mich sehr intensiv mit den oberflächlichen Grundlagen der Taktik im American Football auseinandergesetzt. Diese umfassten überwiegend die unterschiedlichen Positionen und Formationen in der Offensive sowie Defensive, die sich ohne größere Mühe vor jedem Snap beobachten lassen. Diese Elemente bilden aber lediglich die Basis für die hintergründige Taktikschlacht während jedes Footballspiels. Genau diesen tiefergehenden Prozessen und Gedankenspielen wollen wir uns heute annähern.

American Football: Schach auf dem Rasen

Von vielen Journalisten wird der Fußball sehr gerne auch als „Rasenschach“ bezeichnet. Diese Formulierung hat in meinen Augen noch nie wirklich zugetroffen, da ein Fußballspiel einen konstanten Fluss aufweist – also gegenteilig zum Schach, bei dem auf jeden Zug eine Pause folgt, in der der Gegner seinen nächsten Schritt überdenkt. Die Football-Experten werden schon wissen, worauf ich hinaus will: Der Begriff des „Rasenschachs“ passt also deutlich besser zum American Football, da hier nach jedem Spielzug eine kleine Pause einlegt wird, in der die Teams den nächsten Spielzug besprechen.

Unwichtige Trivia: Der Spruch „Fußball ist wie Schach, nur ohne Würfel“, an den die Überschrift dieser Ausgabe eindeutig angelehnt ist, stammt – im Gegensatz zu meinem bisherigen Weltbild – nicht von dem deutschen Fußballer Lukas Podolski. Kein Geringerer als Jan Böhmermann legte Podolski diesen Satz während einer satirischen 1Live-Show im Jahr 2008 in den Mund. Und obwohl der ehemalige Nationalspieler diesen Spruch selbst so nie gesagt hat, ist er heute noch in den Köpfen vieler Menschen fest mit ihm verbunden.

Aber nicht nur optisch ist der Vergleich deutlich treffender: Im American Football lassen sich unterschiedliche Herangehensweisen an Eröffnung und Reaktionen viel leichter identifizieren. Grundsätzlich sucht ein Team immer die Lücke im System des Gegners, um die Oberhand zu gewinnen. Gelingt es dem Gegner im Umkehrschluss nicht die offengelegte Schwäche auszumerzen oder zu kompensieren, läuft es Gefahr, den Anschluss zu verlieren. Dieses gegenseitige Wechselspiel aus Aktion und Reaktion spielt selbstverständlich in jeder taktischen Sportart eine tragende Rolle. Dennoch nimmt diese Dynamik in der NFL eine besondere Stellung ein, was im Laufe dieser Ausgabe deutlich werden soll.

Wie kommt ein Football-Team zum Erfolg?

Im ersten Schritt möchte ich vorab die grundlegende Absicht von Taktik allgemein festhalten: Sie dient immer zur Erreichung eines festgelegten Ziels. Das Ziel aller Mannschaften in der NFL ist Gewinnen. Nur in ganz wenigen Fällen kann es sein, dass ein Team das anstehende Spiel in der regulären Saison verlieren möchte: Beispielsweise, wenn ein schlechtes Team um den ersten Pick im kommenden Draft kämpft oder wenn ein Playoff-Team am Ende der Saison eine bestimmte Konstellation vermeiden bzw. erzwingen möchte. Aber ansonsten gilt für jedes Team am Ende jedes Spiels nur eins: der Sieg.

Daher stellt sich die Frage: Was macht ein erfolgreiches Team aus? Wieso geht am Ende der Saison ein Team fast ohne Niederlagen aus der Saison? Und warum fällt es einer anderen Mannschaft so schwer, überhaupt ein Spiel zu gewinnen? Die Taktik an dieser Stelle als das Zauberwort darzustellen, wäre falsch. Schließlich funktioniert selbst die beste Taktik nur dann, wenn auch Spieler auf dem Feld stehen, die sie verinnerlicht haben und anwenden können. Es braucht also ein gewisses Grundlevel an Talent innerhalb einer Mannschaft, um Erfolg zu haben.

Ein Beispiel: Der beste Spielzug, an dessen Ende drei Receiver freistehen, hilft nichts, wenn der Quarterback sein Ziel überwirft. Genauso hilft auch ein freier Receiver nichts, wenn dieser den Ball nicht fangen kann.

Dennoch gewinnt ein Team voll mit Superstars nicht automatisch jedes Jahr den Super Bowl. Es braucht also nicht nur Talent auf dem Feld, sondern auch einen Teamgeist und gutes Coaching. Der Coaching-Staff eines NFL-Teams besteht aus einer Vielzahl von Trainern, von denen jeder sein Spezialgebiet hat. Der Offensive- und der Defensive-Coordinator nehmen aber gemeinsam mit dem Head-Coach (Cheftrainer) die prominentesten Rollen ein. Letzterer ist hauptverantwortlich für das taktische Auftreten seiner Mannschaft. Deswegen braucht er eine Vision für sein Team! Aber wie kommt die dann aufs Feld?

Der lange Weg von der Vision zum Spielzug

Trifft ein neuer Headcoach bei einem NFL-Team ein, verkörpert er bereits eine grundlegende Mentalität. Manche Coaches bevorzugen das Laufspiel, andere den Pass und manche setzen auf eine sehr abwechslungsreiche Offensive. In der Regel sucht das Management eines Teams bereits einen Coach aus, der ihrer Ansicht nach gut zu ihrem Team passt. Dennoch ist es die erste Aufgabe des Trainers sich das vorhandene Spielermaterial anzuschauen und sich ein offensives System zu überlegen, dass auf die Fähigkeiten und Möglichkeiten der Spieler abgestimmt ist. So entsteht das Playbook eines Teams für die neue Saison. Dieses umfasst ein weites Portfolio an Lauf-, Pass-, Play-Action- und Trick-Spielzügen, die das Fundament für die kommende Spielzeit legen.

Nun ist das komplette Playbook deutlich zu umfangreich, damit jeder Spieler für jedes Spiel jeden Spielzug im Kopf haben kann. Daher beginnt am Anfang einer jeden Woche ein Analysten-Team mit der Vorbereitung auf den bevorstehenden Gegner. Sie schauen sich stundenlang Videomaterial an, um ein Bild davon zu erhalten, was sie im nächsten Spiel zu erwarten haben. Auf dieser Basis wird dann der Gameplan erstellt, der die besten Spielzüge aus dem Playbook gegen den speziellen Gegner umfasst. Dieser Fahrplan wird innerhalb der freien Tage zwischen zwei Spielen von den Spielern verinnerlicht, um ihn dann während der Partie abrufen zu können. Dieses Vorgehen geschieht gleichzeitig auf der offensiven und der defensiven Seite.

Beispiel: Aus der Videoanalyse ging hervor, dass der kommende Gegner schlecht gegen den Lauf durch die Mitte verteidigt, aber wenige tiefe Pässe zulässt. Dementsprechend werden in den Gameplan bevorzugt Spielzüge mit Läufen durch die Mitte und kurzen Pässen integriert, um die Schwächen optimal nutzen zu können, bzw. die Stärken des Gegners zu umgehen. Auf der defensiven Seite würde man beispielsweise gegen ein Team mit starkem Laufspiel den Fokus auf die Laufverteidigung legen, um den Gegner zu Pässen zu zwingen.

Der letzte Schritt passiert dann auf dem Feld. Der Coach wählt den seiner Meinung nach besten Spielzug für die jeweilige Situation aus und teilt diesen seinem QB per Headset mit. Dieser informiert seine Kollegen im Huddle vor dem Snap über den Spielzug und das Team stellt sich auf. An der Line-of-Scrimmage können ab diesem Zeitpunkt die Elite-QBs die Verteidigung lesen und noch einzelne Veränderungen anbringen (Audibles genannt), die ihrer Ansicht nach helfen den Spielzug optimal zu gestalten und die Schwächen der Defense auszunutzen.

Die Optionen einer Offensive

An dieser Stelle bietet es sich an, einen groben Überblick über die Optionen der Offensive zu geben. Die einzelnen Aspekte werden in den kommenden Ausgaben noch sehr viel ausführlicher behandelt, ein erster Einstieg bietet sich hier jedoch schon an. So lassen sich die weiteren Ausführungen besser nachvollziehen.

Die Offensive unterteilt sich grundlegend in zwei Bereiche: das Pass- und das Laufspiel. Beide Optionen können in bestimmten Situationen deutlich effektiver sein als die andere. Daher muss der Coach bei seinem Playcalling stets abwägen, ob er den Ball laufen oder passen möchte.

Übersicht der offensiven Optionen:

  • Laufspiel:
    • durch die Mitte
    • über die Außen
  • Passspiel:
    • kurze Pässe
    • mittellange Pässe
    • tiefe Pässe

Die ausführlichen Möglichkeiten innerhalb der Pass- und Laufspielzüge werden in den kommenden Ausgaben genauer erläutert. Für den Moment reicht eine grobe Einteilung, um das kommende Thema der Tendenzen besser verstehen zu können.

Tendenzen

Für das tiefergehende Verständnis der Taktik im American Football ist Thema Tendenzen und Wahrscheinlichkeiten unausweichlich. Sie bestimmen viele der Trainerentscheidungen auf allen Ebenen. Dazu zählt die Erstellung des Playbooks, das Zusammenstellen des Gameplans und letztendlich das Playcalling auf dem Feld. Außerdem hat das Arbeiten mit, um und gegen Tendenzen einen großen Einfluss auf die Gestaltung von Spielzügen.

Die Tendenzen beschreiben dabei, was man am Ehesten von seinem Gegner im nächsten Spielzug erwarten kann. Darauf basiert dann die eigene Entscheidung. Beispielsweise welches defensive Schema man spielen lassen möchte. Tendenzen hängen hierbei von verschiedenen Umständen ab. Diese sind überwiegend äußerlicher Natur und schränken die Möglichkeiten der Offensive ein. Als erster Einfluss wäre hier die Anzahl der Versuche zu nennen, die noch übrig sind, um ein neues 1st-down zu erhalten. So beginnen viele Teams ihre Angriffsreihe bei 1st&10 mit einem Laufspielzug, um den Lauf direkt zu etablieren. Gelingt es einem Team nämlich durch den Lauf Gefahr auszustrahlen, lässt sich auch das Passspiel effektiver aufbauen. Schließlich muss sich die Verteidigung dann auch immer auf einen gefährlichen Lauf vorbereiten.

Bei den zweiten und dritten Versuchen kommen dann noch andere Faktoren hinzu. Grundsätzlich gibt die Länge bis zum neuen 1st-down vor, welcher Spielzug am wahrscheinlichsten gewählt wird. War der erste Lauf zum Beispiel erfolgreich und man konnte mindestens vier Yards gut machen, so ist ein erneuter Laufspielzug wahrscheinlich. Benötigt man aber bei einem dritten Versuch beispielsweise noch 8 Yards, so kann man davon ausgehen, dass die Offensive im nächsten Spielzug auf einen Pass gehen wird.

Ein Beispiel:

  • Team A startet einen frischen Drive an der eigenen 20 Yard-Line. Bei 1st&10 ist jetzt ein Laufspielzug am wahrscheinlichsten, da das Team versuchen wird über den Lauf Gefahr auszustrahlen. Dementsprechend wird Team B vermutlich eine Defensive auf das Feld stellen, die sich primär auf den Lauf konzentrieren wird.
  • Geht man davon aus, dass Team A tatsächlich läuft und einen Raumgewinn von 2 Yards verbuchen kann, so stehen sie im zweiten Versuch einem 2nd&8 gegenüber. Was jetzt? Der Coach kann versuchen erneut per Lauf einige Yards zu erlaufen, um eine bessere Ausgangslage für den dritten Versuch zu generieren. Alternativ kann er auch einen kurzen bis mittellangen Pass versuchen, um direkt einen neuen ersten Versuch zu erzielen.
  • In diesem Beispiel wählt der Coach einen Pass, der sein Team bis an die eigene 28 Yard-Line bringt. Es fehlen also noch zwei Yards im dritten Versuch, um an die gewünschte 30 Yard-Line zu kommen. In diesen 3rd&short Situationen wird dann oftmals der Lauf erwartet, da nur wenige Yards für einen neuen 1st-down fehlen.
  • Gelingt in diesem Beispiel der letzte Lauf nicht, so befindet sich das Team im 4th down und wird nach aller Wahrscheinlichkeit mit einem Punt das Angriffsrecht abgeben. In seltenen Fällen kann ein Coach sich aber auch für einen Trickspielzug wie einen Fakepunt entscheiden, um so auf diesem Weg einen neuen ersten Versuch zu bekommen.

Um die unterschiedlichen Tendenzen möglichst übersichtlich zusammenzufassen, habe ich eine kleine Tabelle angelegt. Diese soll helfen eine grobe Übersicht über die allgemeinen Tendenzen zu geben. Dabei sollte immer im Hinterkopf bleiben, dass die Entscheidungen in bestimmten Situationen selbstverständlich von der Philosophie des Coaches und des vorhandenen Spielermaterials auf dem Feld abhängen.

long (> 8 Yards)medium (4-8 Yards)short (< 4 Yards)
1st downLaufspielzug
2nd downPassspielzugPass- oder LaufspielzugLaufspielzug
3rd downPassspielzugPass- oder LaufspielzugLaufspielzug
4th downPunt/FGPunt/FG (oder Fake)Punt/FG oder Laufspielzug (oder Fake)

Nun wäre es natürlich zu einfach, wenn man anhand gewisser Tendenzen, die aus einer Vielzahl von Footballspielen errechnet wurden, festzustellen, ob der Gegner laufen oder passen wird. Dies ist selbstverständlich nicht der Fall. Dennoch entwickelt sich ein Footballspiel immer um die grundlegenden Tendenzen herum. So versuchen Teams insbesondere in spielentscheidenden Situationen mit den allgemeinen, aber auch mit den persönlichen Tendenzen zu brechen. Damit erhofft man sich den Gegner auf dem falschen Fuß zu erwischen und so den Spielzug erfolgreich abschließen zu können.

Triggerwarnung an alle Seahawks-Fans! Eines der bekanntesten und verheerendsten Beispiele für einen solchen Bruch ereignete sich im Superbowl 2015. Die Seahawks waren 20 Sekunden vor Schluss nur noch ein Yard vom spielentscheidenden Touchdown entfernt. Mit Marshawn Lynch hatte man damals einen der besten Runningbacks der Liga. Die offensichtliche Tendenz: Einen kurzen Lauf für den Touchdown. Coach Pete Carroll entschied sich jedoch dafür mit der Tendenz zu brechen und überraschte die Patriots mit einem Pass. Dieser ging jedoch gründlich nach hinten los, als er von einem DB der Patriots intercepted wurde. So verloren sie das Spiel und den zum Greifen nahen Titel innerhalb von Sekunden. Ein sehr abschreckendes Beispiel, was sich insbesondere in der anschließenden Reaktion der Medien und Fans widerspiegelt. Denkt man dies aber ein Stück weiter und der Spielzug wäre Dank des Überraschungsmoments geglückt, hätte man rückblickend von einem genialen Schachzug gesprochen, der den Seahawks den Titel gesichert habe.

Nun hat das Arbeiten mit und um die Tendenzen herum noch tiefergehenden Einfluss auf das Spiel. Es hat sogar eine eigene Herangehensweise der Offensive geschaffen: den Play-Action-Pass. Bei diesem Spielzug täuscht der QB die Ballübergabe an seinen RB nur an und behält den Ball für einen Pass. Dabei soll die Verteidigung getäuscht werden, damit sie ihre Verteidigung auf den Lauf fokussiert und im Umkehrschluss Passrouten frei werden. Ähnliche offensive Konzepte, die um das Thema der Tendenzen herum gebaut wurden, sind Sweeps, RPOs und einige Trickplays, die allerdings an anderer Stelle thematisiert werden sollen.

Ich hoffe ich konnte an dieser Stelle einen groben Einstieg in das komplexe Thema der Tendenzen geben. Es sollte deutlich geworden sein, welchen Einfluss dieser Aspekt des Footballs auf den Sport hat. Außerdem hoffe ich ein wenig das Gefühl vermittelt zu haben, wie ein Team seine Taktik entwickelt. Wie immer gilt: Wenn etwas unverständlich geblieben ist oder andere Frage aufgekommen sind, könnt ihr mir diese gerne unter dem Beitrag oder per Social Media stellen. Ich hoffe, ihr seid bei der nächsten Ausgabe nochmal dabei, wenn wir uns das Laufspiel genauer anschauen werden.

NFL-Taktikschule

Teil 3 – Defensive Formationen

Parallel zu den offensiven Formationen des letzten Teils, folgen heute die Aufstellungen der Defensive. Diese wurden zwar schon in der ersten Ausgabe im Zusammenhang mit den defensiven Positionen angeschnitten, allerdings lohnt sich eine zusätzliche Wiederholung der Grundlagen und eine Vertiefung verschiedener Aspekte. Dieser Teil soll die oberflächlichen, optischen Aspekte auf dem Spielfeld abschließen, damit wir uns anschließend um die tiefergehende, mentale Ebene des Sports kümmern können.

Ähnlich wie bei den Offensiven Formationen gibt es auch in der Verteidigung unterschiedliches Personal, das an unterschiedlichen Positionen zum Einsatz kommen kann. Für die bestmögliche Übersichtlichkeit habe ich erneut einige Signalfarben etabliert, die in den folgenden Grafiken genutzt werden:

3-4 Formation

Die grundlegendste Unterscheidung in Defensiven Aufstellungen ist die Anzahl der Defensive Linemen und der Linebacker auf dem Feld. Stellt man beispielweise nur drei Spieler in die defensive Verteidigungslinie und setzte stattdessen auf vier Linebacker, spricht man von einem sogenannten 3-4 System. An dieser Aufstellung knüpfen sich die weiteren Aufgabenbereiche der einzelnen Spieler, was bereits im Zusammenhang mit den Positionen genau erklärt wurde.

Bild I.1: Die klassische 3-4 Aufstellung mit 3 DL, 4 LBs, 2 Safties und 2 CBs.

Grundsätzlich zählt sie zur „base-defense“, da sie meist bei den ersten beiden Versuchen eingesetzt wird. Sie kann flexibel gegen den Lauf und das Passspiel arbeiten. Die Linemen haben dabei die wichtige Aufgabe so viele Blocker wie möglich zu binden, damit die Linebacker hinter ihnen möglichst problemlos den Läufer tackeln können oder sich auf die Deckung ihrer Gegenspieler konzentrieren können. Dabei bleiben dem defensiven Koordinator eine Vielzahl an Möglichkeiten, um die Offensive zu verwirren und besondere Kniffe wie einen Blitz oder QB-Spy einzustreuen. Die Aufstellung wird von vier Defensive Backs vervollständigt, die sich je nach Spielzug um den Defensive Kern herum positionieren.

4-3 Formation

Das Gegenstück zur 3-4 Formation ist das 4-3 System. Dabei wird die Anzahl der Linemen mit den Linebacker vertauscht. Sprich: Die D-Line besteht aus vier Spielern, hinter denen drei Linebacker stehen. Sie gehört ebenfalls zur „base defense“ und wird ebenfalls in aller Regel bei den „base downs“ (1st und 2nd down) eingesetzt.

Bild II.1: Eine klassische 4-3 Formation mit 4 DL, 3 LBs, 2 Safeties und 2 CBs.

Ein Team wählt normalerweise zu Beginn einer Saison eine der zwei grundlegenden Formationen aus, die am besten zu dem vorhandenen Spielermaterial und den Vorstellungen des Coaches passt. Es gibt auch einige Hybrid-Systeme, die ihre Verteidigung möglichst unberechenbar halten wollen. Dies ist jedoch eher selten der Fall. Im Gegensatz zum 3-4 System fällt hier der Pass-Rush eher ins Aufgabengebiet der Defensive Ends, allerdings sind auch Blitze von den Linebacker und der Cornerback als Überraschungselement möglich. In dieser Formation finden ebenfalls vier Defensive Backs außerhalb des Kerns ihren Platz.

Übrigens: Der hier als „defensive Kern“ bezeichnete Bereich wird im American Football offiziell als Box bezeichnet. Er umfasst das Gebiet im Zentrum des Spielfeldes. In dem Beispiel auf Bild II.1 wären also insgesamt sieben Spieler „in the box“ und vier „outside of the box“. Diese Zahl ist vor allem für den Playcall von Laufspielzügen und das Blocking-Schema wichtig.

Variationen der Base-Defense

Die beiden defensiven Schema haben sich aber auch erst in den letzten Jahrzehnten als die dominanten Grundverteidigungen herauskristallisiert. Diese Vorherrschaft hängt eng mit der offensiven Entwicklung des Passspiels zusammen, das in den letzten Jahrzehnten immer wichtiger wurde. In den frühen Jahren als das Laufspiel die Liga dominierte, waren auch fünf bis sechs Linemen in der Verteidigung alltäglich. Die 6-2 Defense (vgl. Bild III.1) setzte beispielsweise auf sechs Männer in der D-Line, zwei Linebacker und drei Defensive Backs. Insbesondere in den 1930er Jahren war diese Verteidigungsformation weitverbreitet und wurde dann in den 40er-Jahren durch die 5-2 und 5-3 Verteidigungen (vgl. Bild III.2+3) abgelöst. Diese Formationen und ihre Variationen haben im College noch ihre regelmäßigen Auftritte, da dort das Laufspiel noch deutlich verbreiteter ist. Ähnlich verhält es sich mit der 4-4 Defense (vgl. Bild III.4) an der High-School. Diese ist zwar bei schwachen Cornerbacks über den Pass anfällig, allerdings mit vier Linebackern und vier Linemen besonders stark im Stoppen des Laufs.

Aber auch in der NFL gibt es ein paar Variationen, die heute noch genutzt werden. So verschiebt man in der 4-3 over (vgl. Bild III.5) oder 4-3 under Defense (vgl. Bild III.6) entweder den Sam- oder Will-Linebacker auf die starke oder schwache Seite neben die D-Line. Dadurch erhöht die Verteidigung den Druck auf die jeweilige Seite der Offensive-Line und kann mit einem Blitz des Linebackers einen Sack forcieren. Einen Schritt weiter geht die 46 Defense (vgl. Bild III.7), die eine weitere Variante der 4-3 Defense ist. Hier verschieben sowhl der Sam als auch der Will auf die schwache Seite des Feldes, während der Strong Safety das Feld herunterkommt und die Rolle des Sam-Linebackers übernimmt.

Nickel and Dime – Formationen

Die meisten defensiven Variationen in der modernen NFL passieren jedoch nicht in der Box, sondern außerhalb statt. Da die Liga in den letzten Jahren besonders durch den Pass geprägt ist, finden zusätzliche Defensive Backs ihren Weg in die Formationen. Davon erhofft man sich eine bessere Verteidigung gegen den Pass. Daher kommen die zusätzlichen DBs meist bei 2nd und 3rd Downs aufs Feld, wenn die gegnerische Mannschaft noch so viele Yards zum neuen 1st Down fehlen, dass sie zum Pass gezwungen wird.

Stellt die Verteidigung einen zusätzlichen DB aufs Feld, spricht man von einem Nickelback. Dieser kann entweder auf Kosten eines Linebackers oder eines Linemen eingesetzt werden. Daraus ergeben sich dann verschiedene Aufstellungsmöglichkeiten: Bei der 4-2-5 Formation wird einer der Linebacker aus der 4-3 Verteidigung gegen den Nickelback eingetauscht (vgl. Bild IV.1). Alternativ kann auch ein Linemen aus der 4-3 Defense (oder ein Linebacker aus der 3-4 Formation) ausgetauscht werden, sodass Aufstellungen wie die 3-3-5 (vgl. Bild IV.2) oder 3-5-3 (vgl. Bild IV.3) entstehen können.

Fügt die Verteidigung noch einen sechsten Defensive Back in ihre Aufstellung ein, spricht man von einem Dimeback. Dieser kommt insbesondere dann zum Einsatz, wenn die Offensive sich mit vier Wide Receivern aufstellt und somit zusätzlicher Schutz gegen den Pass notwendig wird. Auch hier gibt es unterschiedlich Herangehensweisen aus den Grundformationen: Aus einem 4-3 entsteht dann meist ein 4-1-6 (vgl. Bild IV.4), während sich aus der 3-4 Formation eine 3-2-6 Defense (vgl. IV.5) formiert.

Goal-Line Defense

Neben verschiedenen Varianten der Base-Defense und einiger besonderer Verteidigungsmodelle gegen den Pass, gibt es noch zwei weitere spezielle defensive Formationen. Diese kommen nur in bestimmten Spielsituationen zum Einsatz, sind dann jedoch unverzichtbar. Die erste dieser besonderen Aufstellungen ist die Goal-Line Defense. Sie wird (wie der Name es schon vermuten lässt) an der eigenen Endzone genutzt, um einen nahezu unvermeidbaren Touchdown abzuwenden. Aber auch in Situationen, in denen das gegnerische Team nur wenige Yards für einen neuen Versuch braucht und offensichtlich einen Laufspielzug laufen werden, lohnt sich eine Variante der Goal-Line Defense.

Der große Nachteil der Formation ist allerdings der mangelhafte Schutz gegen den Pass, weswegen unerwartete, kurze Pässe in diesen Situationen ein probates Mittel gegen diese Formation sein können. Die genaue Positionierung der Spieler orientiert sich an der Formation der Offensive, weswegen ich in der folgenden Diashow zwei unterschiedliche Goal-Line Aufstellungen zeigen möchte, die auf verschiedene Herangehensweisen des Angriffs reagieren.

Generell stellen sich in der Goal-Line Defense mehr Linemen als üblich an der Line-of-Scrimmage auf. Außerdem fällt die Position des Free-Safety weg, da Feld nach hinten zu eng wird. Lediglich der Strong-Safety wird in manchen Formationen genutzt (vgl. Bild V.1). Stellt die Offensive ein paar Receiver auf, damit sie schwerer auszurechnen ist, muss die Verteidigung reagieren. Dann kommen auch ein bis zwei Cornerbacks zum Abdecken der Receiver zum Einsatz (vgl. Bild V.2).

Prevent-Defense

Die zweite besondere Verteidigungsformation ist die sogenannte Prevent-Defense. Diese kommt in Situationen zum Einsatz, wenn die Verteidigung einen tiefen Pass mit allen Mitteln verhindern möchte. Vor allem gegen die sogenannte Hail Mary kann diese Formation mit sieben DBs und nur einem Linebacker brillieren. Sie ist das letzte gewählte Mittel, um bei weniger Sekunden auf der Uhr noch einen verzweifelten Versuch für einen Touchdown aus großer Distanz zu verhindern. Ansonsten findet diese Formation kaum Verwendung.

Bild VI.1: Die Prevent Defense mit 4 CBs und 3 Safeties gegen eine empty-backfield Formation, aus der in der letzten Sekunde ein Hail Mary-Pass erfolgen wird.

NFL-Taktikschule

Teil 2 – Offensive Formationen

Der erste Teil der Taktikschule konnte mit den Erklärungen der Positionen das Fundament für ein taktisches Verständnis des American Footballs legen. Darauf möchte ich in der zweiten Ausgabe aufbauen und die verschiedenen Formationsmöglichkeiten der Offensive erarbeiten. Die Aufstellung des Gegners kann Anhaltspunkte geben, welcher Spielzug folgen könnte. Daher ist es wichtig sich intensiv mit dem Thema auseinanderzusetzen, wenn man ein besseres Gefühl für den Sport bekommen möchte.

Zu den Formationen allgemein:

Bevor die einzelnen Formationen genauer untersucht werden, gibt es noch ein paar allgemeine Ding vorab zu erläutern. Grundsätzlich gilt nämlich: Alle Formationen sind nur grobe Vorlagen. Wie im Laufe des Artikels deutlich werden wird, gibt es eine Vielzahl möglicher Variationen der einzelnen Aufstellungen. Das betrifft dabei nicht nur die Positionierung der Spieler, sondern auch das Personal, das auf dem Feld steht. Die Variabilität ist der Grundstein einer erfolgreichen Offensive, da man den Gegner durch neue Varianten überraschen und aus der Reserve locken möchte. Daher habe ich für die Grafiken in dieser Ausgabe eine gesonderte Farbgebung gewählt, die das genutzte Personal auf einen Blick erkennbar machen soll. Dafür folgt unten eine kurze Legende, die an einem Beispiel den verschiedenen Farben einen Sinn geben soll:

Die I-Formation

Die sogenannte I-Formation ist eine der grundlegendsten Formationen im American Football. Sie gibt es bereits seit der Mitte des 20. Jahrhunderts, wird allerdings in der modernen NFL tendenziell selten benutzt. Ihren Namen verdankt sie der Anordnung des Quarterbacks und der zwei Runningbacks im Backfield, die gemeinsam den Buchstaben „i“ formen.

Die einfachste Version stellt die Standard I-Formation dar (vgl. Bild I.1). Hierfür positioniert sich der Quarterback unmittelbar hinter dem Center, während der Full- und der Halfback sich in einer geraden Linie hinter ihm aufstellen. Typischerweise wird an einer Seite der Offensive-Line ein Tight End aufgestellt und zwei Wide Receiver sollen außen das Feld breiter machen.

Bild I.1: Die Standard I-Formation mit 2 RBs, 2 WRs und 1 TE.

Diese Formation suggeriert durch die zwei Receiver eine gewisse Flexibilität, allerdings ist sie primär für das Laufspiel ausgelegt. Aus dieser Formation heraus übergibt der Quarterback in der Regel den Ball an den Halfback, der sich dann hinter dem Fullback seinen Weg durch die gegnerische Verteidigung sucht. Der Fullback fungiert dann als sogenannter Lead-Blocker, der den Weg für den Spieler mit dem Ball freimachen soll. Möchte man die Defense überraschen und aus dem Konzept bringen, kann aus dieser Formation auch der Fullback den Ball für einen Lauf erhalten.

Dennoch ist es möglich auch aus dieser Formation zu passen. Mit den zwei Receivern und dem Tight End hat man drei Passempfänger und auch die Runningbacks können potenziell selbst Routen laufen oder als Blocker gegen den Pass-Rush arbeiten. An dieser Stelle lässt sich durch eine personelle Variation die Gefahr des Passspiels steigern. In der sogenannten Three Wide I-Formation (vgl. Bild I.2) wird ein Tight End gegen einen zusätzlichen Wide Receiver eingetauscht.

Bild I.2: Die Three Wide I-Formation mit 2 RBs und 3 WRs.

Ähnliche personelle Veränderungen können aber umgekehrt genauso den Lauf bestärken und unterstützen. Hier bietet sich beispielsweise die Big I-Formation (vgl. Bild I.3) an, die einen Receiver durch einen zusätzlichen Tight End ersetzt. Die Power I-Formation (vgl. Bild I.4) bringt sogar einen dritten Runningback neben den Fullback als zusätzlichen Blocker aufs Feld, um dem Halfback das Leben zu vereinfachen. Eine weitere verbreitete Alternative des Konzeptes ist die sogenannte Offset-I-Formation, bei der sich der Fullback nicht in einer geraden Linie, sondern leicht nach links oder rechts versetzt aufstellt. In dem hier gewählten Beispiel (vgl. Bild I.5) stellt sich der Fullback nach rechts auf die Seite mit dem Tight End, also auf die starke Seite. Man spricht dann von einer Strong-I-Formation oder im umgekehrten Fall (vgl. Bild I.6) von einer Weak-I-Formation. Je nachdem auf welche Seite der FB verschiebt, wird der Laufspielzug wohl in diese Richtung ausgeführt, da auf dieser Seite der bestmögliche Schutz des Runningbacks möglich ist.

Es wird also schon an der ersten Formation deutlich, dass es viele Variationsmöglichkeiten zu jeder Grundaufstellung gibt. Diese sind der Schlüssel für eine erfolgreiche Offensive, da man besonders erfolgreiche Spielzüge in aller Regel nur dann hat, wenn man den Gegner auf dem falschen Fuß erwischt. In diesem Zusammenhang ist besonders das Wort Tendenz von großer Wichtigkeit. Dieses Thema wird in einer der kommenden Folgen intensiver behandelt, da es einen hohen Stellenwert im American Football genießt und gesondert vorgestellt werden soll. An dieser Stelle soll nur schon einmal angemerkt werden, dass die Aufstellungen und ihre Variationen dabei wichtig sein werden.

Pro-Set

Ähnlich wie die I-Formation ist die Pro-Set Aufstellung in den frühen Jahren des Footballs entstanden und in der modernen NFL etwas aus der Mode gekommen. Der Grund dafür ist, dass die NFL sich in den letzten Jahren immer mehr zu einer primären Pass-Liga entwickelt hat. Deswegen stellt man heutzutage lieber einen zusätzlichen Tight End oder Receiver, anstelle eines zweiten Runningbacks im Backfield auf.

Aus dieser Beschreibung lässt sich die Grundstruktur der Formation bereits ableiten: Wie bei der I-Formation steht der QB unmittelbar hinter dem Center. Allerdings stehen die zwei Runningbacks nicht in einer geraden Linie hinter ihm, sondern leicht nach links und rechts versetzt (vgl. Bild II.1).

Bild II.1: Die Pro Set Formation mit 2 RBs, 2 WRs und 1 TE.

Dadurch lassen sich die beiden Runningbacks leichter in das Passspiel integrieren. Allerdings leidet darunter die Gefahr des Laufspiels durch die Mitte, weswegen sich einzelne Variationen zur Aufgabe gemacht haben, diesen wieder zu stärken. In dem Strong Pro Set und dem Weak Pro Set positioniert sich entweder der Halfback oder der Fullback hinter dem QB, wodurch der andere RB automatisch zum Vorblocker (Lead-Blocker) des anderen wird.

Insgesamt ist die Pro Set Aufstellung also eine passfreundlichere Aufstellung im Vergleich zur I-Formation. Die Runningbacks können schneller in ihre Routen kommen und sind auch als Blocker früher zur Stelle. Das stärkt insbesondere den kurzen Pass. Da das Laufspiel in dieser Formation fast ausschließlich über die Außen funktionieren kann, hat man sich mit dem Weak und Strong Pro Set Alternativen für den Lauf durch die Mitte gesucht.

Singleback Formation

In den Zeitgeist der aktuellen NFL passt die Singleback Formation (auch Single set back Formation genannt) deutlich besser als die vorherigen zwei Formationen. Wie der Name schon vermuten lässt, verzichtet diese Formation auf einen der zwei Runningbacks und setzt stattdessen auf einen zusätzlichen Wide Receiver oder Tight End (vgl. Bild III.1).

Bild III.1: Ein Beispiel für eine Singleback Formation mit 1 RB, 3 WRs, und 1 TE.

Generell sind in der Singleback Formation eine wahnsinnige Vielzahl an Varianten möglich. Die einzige zuverlässigen Erkenntnismerkmale sind der einsame Runningback im Backfield (ungefähr 5 Yards hinter dem QB) und der Quarterback, der unmittelbar hinter dem Center den Snap in Empfang nimmt.

Die Formation ist grundsätzlich für den Pass ausgelegt, da man weniger Präsenz im Backfield und dafür mehr Personal an der Line-of-Scrimmage hat. Dennoch können auch aus dieser Formation effektive Laufspielzüge entstehen: Der zusätzliche Wide Receiver bietet das Potenzial einen Verteidiger aus der Mitte des Spielfeldes herauszuziehen und so Räume für einen Lauf zu öffnen. Außerdem kann das Laufspiel auch durch einen zusätzlichen TE in der Offensiv-Line gestärkt werden, der dann als weiterer Blocker agiert (vgl. Bild III.2).

Bild III.2: Ein Beispiel für eine Singleback Ace Formation mit 1 RB, 2 WRs und 2 TEs.

Darüber hinaus kann das Personal auch in 4 Wide Receiver ohne Tight End aufgeteilt werden, sodass das Passspiel maximale Gefahr ausstrahlen kann. Die Singleback Spread eignet sich also besonders für Situationen, in denen die Offense große Distanzen durch die Luft überbrücken muss (vgl. Bild III.3).

Bild III.3: Die Singleback Spread Formation mit 1 RB und 4 WRs (2×2).

Diese unterschiedlichen Personalverteilungen auf dem Feld können dann in einer sehr breiten Vielfalt positioniert werden. So ist es möglich in einer Ace Formation einen Overload auf einer Seite zu forcieren, indem man beide Tight Ends auf eine Seite der O-Line aufstellt (vgl. Bild III.4). So wird der Lauf über die gewählte Seite durch mehr Blocking vereinfacht. Alternativ lassen sich in dieser Aufstellung dann zwei Wide Receiver nebeneinander (Twins) auf der gegenüberliegenden Seite positionieren, um auf der schwachen Seite über den Pass gefährlich werden zu können (vgl. Bild III.5).

Ein beliebtes Mittel in dieser Formation ist auch die Bunch-Positionierung der Receiver. Diese zeichnet sich durch drei Passempfänger aus, die sich nah in einem kleinen Dreieck auf einer Spielfeldseite aufstellen. Ziel davon ist es eine zahlenmäßige Überlegenheit auf einer Seite zu erzielen, um einen freien Pass spielen zu können. In diese Aufstellung lässt sich auch ein Tight End integrieren (vgl. Bild III.6) oder man positioniert ihn auf der gegenüberliegenden Seite, um dort die Gefahr des Laufspiels zu etablieren (vgl. Bild III.7).

Die Singleback Formation ist also einen sehr flexible Formation, an der sich ein Trainer nach Herzenslust austoben kann. Die hier angedeuteten Optionen sind dabei nur die Spitze des Eisbergs, die ein grobes Gefühl für die Aufstellung geben sollen.

Shotgun-Formation

Die Shotgun Formation setzt meist, genau wie die Singleback Formation, auf lediglich einen Runningback. Sie ist daher ebenfalls eine der populären Aufstellungen in der modernen NFL. Der große Unterschied zur Singleback Formation ist die Positionierung des Quarterbacks: Dieser steht nicht unmittelbar hinter dem Center, sondern knapp 5 Yards weiter hinten (vgl. Bild IV.1). So erhält er den Ball durch einen längeren Snap direkt mit etwas Abstand zur O-Line, sodass er einen besseren Überblick über die gegnerische Verteidigung hat. Außerdem hat der QB durch diese Formation länger Zeit sich den Spielzug anzusehen und dann den richtigen Pass zu spielen. Die Shotgun ist also eine primäre Passaufstellung und wird daher oftmals bei langen zweiten und dritten Versuchen genutzt.

Bild IV.1: Eine Variante der Shotgun Formation mit 1 RB, 3 WRs (1×2) und 1 TE.

Der Runningback steht meist direkt neben dem QB und kann aus dieser Position entweder das Blocking unterstützen oder selbst durch eine Route in das Passspiel eingebunden werden. Die restliche Aufteilung des Personals auf dem Feld erfolgt ähnlich wie bei der Singleback Formation. Das bedeutet der Trainer kann zwischen der Anzahl der Tight Ends und der Wide Receiver variieren. Der einzige Unterschied zur Singleback Formation ist, dass man bei der Shotgun auch auf ein Empty Backfield setzten kann, in dem dann lediglich der Quarterback steht. Die restlichen Spieler (im Extremfall 5 WR) stellen sich an der Line-of-Scrimmage auf (vgl. Bild IV.2).

Bild IV.2: Eine Five-Wide Aufstellung in Shotgun mit Empty Backfield und 5 WRs.

In der folgenden Diashow habe ich zur Veranschaulichung noch ein paar Variationen einfügt, um die Formation etwas zu vertiefen. Der Hintergedanke und das Prinzip hinter der Shotgun sollten aber bereits deutlich geworden sein.

Pistol-Formation

Die Pistol ist eine Mischung zwischen der Shotgun und der Singleback Formation. Der QB steht nicht unmittelbar hinter dem Center, sondern knapp drei Yards dahinter. Der Runningback stellt sich weitere zwei bis drei Yards in einer geraden Linie hinter seinem Quarterback auf. So entsteht eine Hybrid-Architektur, die dem Quarterback mehr Zeit für das Beobachten der Passrouten gibt, während sie gleichzeitig dem Läufer den Raum gibt, um Momentum für seinen Lauf zu geben, um in die richtige Lücke durchstoßen zu können (vgl. Bild V.1).

Bild V.1: Eine Variante der Pistol-Formation mit 1 RB, 3 WRs (1×2) und 1 TE.

Diese Formation ist noch nicht so alt. Sie entstand um den Jahrtausendwechsel herum im College Football und fand ihren Weg darüber in die NFL. Heute ist sie Teil des modernen Footballs, da sie gut als Tempowechsel (change of pace) eingesetzt werden kann. Ansonsten unterscheidet sich die Aufstellung nicht weiter von der Shotgun und der Singleback Formation, sodass auch hier fast identische personelle Variationen auftreten.

Goal Line-Formation

Diese Formation kommt nur in ganz besonderen Szenarien auf das Feld. Dies ist in aller Regel dann, wenn der Offensive noch ein Yard für einen Touchdown fehlen und man unbedingt den Ball noch über die Linie drücken möchte. Sie besteht aus zwei Runningbacks und drei Tight Ends, die für den maximalen Schutz sorgen sollen. Der Quarterback stellt sich unmittelbar hinter den Center, damit er möglichst schnell den Ball an einen der beiden RBs im Backfield übergeben kann. In seltenen Fällen kann dieser Formation auch mal bei einem wichtigen vierten Versuch für ein Yard aufs Feld kommen.

Bild VI.1: Goal Line Formation an der 1-Yard-Linie mit 2 RBs und 3 TEs.

Selbstverständlich gibt es auch bei dieser Formation zahlreiche Varianten, allerdings taucht die Formation an sich schon verhältnismäßig selten auf, weswegen man Variationen und Abwandlungen am besten live während eines Spiels kennenlernt.

Abschluss: weitere erwähnenswerte Formationen

Abschließend möchte ich noch auf einzelne erwähnenswerte Formationen eingehen, die zwar kaum in der NFL ans Tageslicht treten, die jedoch entweder in der Vergangenheit oder im College gerne genutzt wurden.

Ein Beispiel für eine selten genutzte Formation wäre beispielsweise die Wildcat Formation. In dieser Aufstellung steht nicht der Quarterback hinter dem Center und empfängt den Snap, sondern einer der anderen Mitspieler. Der Quarterback wird in dieser Formation dann oft als Receiver eingesetzt, da dort das Verletzungsrisiko geringer als beim Blocking oder Laufspiel ist. Die Wildcat soll für Unsicherheit und Abspracheschwierigkeiten in der Defense sorgen, bzw. den Gegner aus dem Konzept bringen. Im College-Football ist diese Formation noch sehr weit verbreitet und wird häufig genutzt.

Bild VII.1: Beispiel einer Wildcat Formation, bei der der Quarterback sich als Receiver aufstellt.

Beispiele für populäre Formationen aus der Vergangenheit, die man heute kaum noch in der Liga antrifft, sind die T-, Flexbone- oder Wishbone-Formationen. Diese stammen aus den Tagen der laufintensiven NFL, in der viele Runningbacks im Backfield genutzt wurden, um mit dem Ball zu laufen. Für das moderne passbetonte, athletische und schnell Spiel der NFL sind diese Formationen keine Alternativen mehr.

Zu guter Letzt darf natürlich nicht die Formation fehlen, die die meisten Football-Spiele beendet: die Victory-Formation. Diese Aufstellung nutzt das Gewinner-Team, wenn es im Ballbesitz ist und nur noch die Zeit ablaufen lassen muss. Beim sogenannten Abknien geht der Quarterback unmittelbar nach dem Erhalt des Footballs vom Center auf ein Knie und nimmt damit einen Yard Raumverlust hin, damit die Uhr weiterlaufen kann, bis sie vollständig abgelaufen ist. Dafür bilden klassischer Weise drei Runningbacks den Buchstaben „V“ (daher „Victory“) hinter ihrem QB.

Bild VII.5: Die Victory-Formation, bei der der QB nach dem Snap direkt sein Knie auf den Boden drückt.

NFL-Taktikschule

Teil 1 – Die Positionen und ihre Aufgaben

Bevor man in der Lage ist, tiefer in die Taktik des American Footballs einzutauchen, muss man sich zunächst mit den Positionen und Aufgaben der einzelnen Spieler in der Offensive und Defensive vertraut machen. Deswegen werden hier im ersten Schritt die einzelnen Positionen mit ihren Besonderheiten und Aufgaben möglichst übersichtlich vorgestellt und erläutert.

Offense

Die Offensive (in der Grafik als Kreise dargestellt) besteht aus elf Mann. Dabei müssen sich für jeden Spielzug sieben dieser elf Spieler auf der Höhe des Balls, der sogenannten Line-of-Scrimmage (vgl. Bild 1), aufstellen. Die übrigen vier können sich hinter dem Ball, im sogenannten Backfield (vgl. Bild 2) nach den Vorstellungen des Coaches verteilen. Daraus ergeben sich eine Vielzahl von Kombinations- und Aufstellungsmöglichkeiten des Personals.

Die grundlegende Aufgabe der Offensive besteht darin, den Ball bis an die gegnerische Endzone zu bringen und dort einen Touchdown oder zumindest ein Fieldgoal zu erzielen. Dafür muss das Team innerhalb von vier Versuchen mindestens 10 Yards Raumgewinn erzielen, um sich so Stück für Stück das Feld herunterzuarbeiten. Jeder Spieler auf dem Feld hat daher seine besondere Aufgabe bei jedem Spielzug, die dem Team am Ende beim Punkten helfen soll. Die verschiedenen Positionen haben dabei unterschiedliche physische Anforderungen, die jedoch nicht statisch festgelegt sind. Über die letzen Jahrzehnte haben sich in der Liga viele Positionen verändert, gewandelt und neu erfunden.

Jeder Spielzug beginnt damit, dass der Center den Ball zu einem Mitspieler (in der Regel seinem Quarterback) snappt. Im Anschluss ergeben sich verschiedene Möglichkeiten, wie sich ein Spielzug entwickeln kann. In den meisten Fällen gehen diese Entwicklungen von den Händen des Quarterbacks aus, weswegen diese Position als erstes erläutert werden soll.

Quarterback

Der Quarterback (QB) ist der Kopf jeder Offensive. Er ist die wohl bekannteste Position im American Football und steht im Zentrum der Aufmerksamkeit. Er erhält fast jeden Spielzug den Ball, den er entweder einem Mitspieler zuwirft oder dem Runningback übergibt. Einige QBs sind auch in der Lage selbst mit dem Ball in der Hand zu rennen. Damit stellen sie eine zusätzliche Gefahr für die Defensive dar. Der QB kennt alle Spielzüge aus dem Playbook der Coaches

Grundsätzlich wird von dieser Position allerdings ein starker Wurfarm, Passgenauigkeit, Führungsqualität und ein waches Köpfchen verlangt. Der Quarterback muss die Verteidigung lesen können und dementsprechend darauf reagieren. Sein Ziel ist es die beste Entscheidung für maximalen Raumgewinn zu treffen und seine Mannschaft das Feld herunterzuführen.

Er ist leicht auf dem Feld zu identifizieren. Er steht entweder unmittelbar oder einige Yards hinter dem Center, der ihm beim Snap den Ball zuwirft.

Offensive-Line

Die Offensive-Line (O-Line) hat die wichtige Aufgabe den Quraterback zu schützen. Dafür blocken sie die gegnerischen Verteidiger und geben dem Spielmacher die Zeit, das Geschehen zu lesen und die beste Entscheidung treffen zu können. Außerdem müssen sie Lücken für das Laufspiel öffnen, durch die der Runningback dann laufen kann. Eine souveräne und stabile O-Line ist also essenziell für den Erfolg der Offensive.

Die O-Line besteht in der Regel aus fünf Spielern, die unmittelbar vor dem Quarterback an der Line-of-Scrimmage stehen. Sie sind die kräftigsten, stärksten und schwersten Spieler auf dem Feld, wobei sie auch in der Lage sein müssen kleinere und flinkere Spiele zu blocken.

Im Mittelpunkt steht der Center (C, vgl. Bild 2). Er ist der Chef der O-Line und macht die Ansagen an seine Kollegen, wer für welchen Gegenspieler verantwortlich ist. Außerdem muss er sich gut mit dem Quarterback verstehen, damit er ihm im richtigen Moment den Ball snappen kann.

Links und rechts vom Center spielen die zwei Guards (G, vgl. Bild 3). Sie müssen in der Regel die weiteste Strecke bei Laufspielzügen zurücklegen, weswegen sie für ihre Größe überdurchschnittlich schnell sein müssen.

Die schwierigste Rolle übernehmen aber die zwei Tackles an den Rändern der Offensive-Line (vgl. Bild 4). Ihre Blocks auf den Außen halten nicht nur die Pocket aufrecht, sondern sind auch für die Laufspielzüge besonders wichtig. Außerdem müssen sie oftmals die deutlich schnelleren Defensive Ends und Linebacker blocken.

Der Quarterback mag vielleicht den Großteil des Ruhms in der Öffentlichkeit einsammeln, die Offensive-Line ist jedoch mindestens geanuso wichtig für den Erfolg des Teams wie er.

Runningback

Der Runningback (RB) ist eine sehr variable Position. Daher lassen sich viele verschiedene Typen von ihnen finden. Seine grundlegende Aufgabe ist es mit dem Ball in der Hand so weit wie möglich über die Line-of-Scrimmage zu laufen. Dafür eigenen sich entweder sehr starke und große Athleten, die die gegnerischen Blocks durchbrechen können oder kleine, flinke Läufer, die sich erst gar nicht tacklen lassen.

Runningbacks sind allerdings längst mehr als nur Läufer. In der Liga wird von den Besten dieser Position auch erwartet, dass sie sich gut in das Passspiel einfügen können. Sie müssen also auch in der Lage sein Passrouten zu laufen und den Ball zu fangen. Eine weitere ihrer wichtigen Kernkompetenzen ist außerdem das Blocking. Sie sollen in bestimmten Spielzügen in der Lage sein die O-Line zu unterstützen und dem QB mehr Zeit verschaffen.

Grundsätzlich unterscheidet man bei Runningbacks zwischen dem Halfback (HB, vgl. Bild 1) und dem Fullback (FB, vgl. Bild 2). Letzterer kommt in bestimmten Formationen und Situationen auf das Feld. Er wird selten in das Lauf- oder Passspiel eingebunden und dient in der Regel als zusätzlicher Blocker . Im Gegensatz dazu wird der Halfback entweder über den Boden oder die Luft ins Spiel gebracht und soll für den Raumgewinn sorgen. In aller Regel wird der Halfback einfach nur als Runnigback bezeichnet.

Der RB befindet sich in der Regel im Backfield, also hinter der Line-of-Scrimmage. Er steht meist neben oder hinter dem QB, in manchen Formationen auch leicht nach hinten versetzt (vgl. Bild 1).

Tight End

Die Position des Tight Ends (TE) vereint die Kompetenzen des Blockens und des Fangens des Footballs. Diese Spieler stellen sich in der Regel auf eine Seite der Offensive-Line an die Line-of-Scrimmage, weswegen sie berechtigt sind Passrouten zu laufen und den Ball zu fangen. Daraus ergeben sich mit jedem Spielzug zwei unterschiedliche Möglichkeiten für die Tight Ends: Entweder werden sie als Blocker zur Unterstützung der Tackle eingesetzt, um beispielsweise einen Blitz aufzufangen oder sie werden wie ein Wide Receiver in das Passspiel integriert.

Die besten Athleten auf dieser Position können genau diese Variabilität auf das Feld bringen und ihr Team bestmöglich unterstützen. Allerdings gibt es auch besonders gute Blocker unter den Tight-Ends, die vor allem bei Laufspielzügen aufgestellt werden, um dem RB möglichst große Lücken für seinen Run zu geben.

Wide Receiver

Die Wide Receiver (WR) sind der Grundbaustein jedes Passspiels. Sie sind in aller Regel die schnellsten Spieler auf dem Feld und müssen sehr agil und reaktionsschnell sein. Sie laufen ihre vorgeschriebenen Routen durch die Verteidigungslinien und müssen versuchen sich freizulaufen. Dafür müssen sie sich von ihren Verteidigern lösen, um im Anschluss möglichst sicher den Ball zu fangen.

Die Wide Receiver werden entlang der Line-of-Scrimmage aufgestellt und finden in der Regel mit ein wenig Abstand von der Offensive-Line und dem Tight End ihre Position. Früher bezeichnete man einen Receiver, der sich unmittelbar an die Line-of-Scrimmage stellt als Split End (vgl. Bild 2) und einen Passempfänger, der sich einen Schritt hinter der Linie positioniert (also offiziell im Backfield) als Flanker (vgl. Bild 3). Diese Bezeichnungen sind jedoch veraltet und finden in der Berichterstattung kaum noch Verwendung. Über die Zeit hat sich in der Taktiksprache der NFL die Unterscheidung in X-,Y- und Z-Receiver etabliert, damit die Playcalls kurz und knapp kommuniziert werden können.

Ein noch aktuell bekannter und wichtiger Wide Receiver-Typ ist der Slot Receiver. Dieser stellt sich zwischen der O-Line und dem äußeren Receiver in den sogenannten Slot (vgl. Bild 4). Diese besondere Ausprägung der Position zeichnet sich durch eher kleine und flinke Spielertypen aus, die besonders gut kleine Lücken zwischen den Zonen der Verteidigung finden.

Generell handelt es sich bei den modernen Top-Receivern um schnelle und gleichzeitig sehr große Athleten, die sich in Luftduellen gegen ihre Verteidiger durchsetzen können. Viele Teams nutzen ihre Receiver auch in den Special-Teams als Punt- oder Kick-Returner ein, wobei hier oft die kleineren Slot-Receiver bevorzugt werden.

Defense

Die Defensive (in der Grafik als Kreuze dargestellt) stellt ebenso elf Spieler auf den Platz. Diese dürfen sich frei nach den Vorstellungen des Coaches auf dem Spielplatz verteilen, solange sie dabei nicht die Line-of-Scrimmage übertreten. Grundlegend wird die Defensive in sogenannte 4-3 (vgl. Bild 1) und 3-4 (vgl. Bild 2) Schemata aufgeteilt. Diese werden nach dem Personal benannt, das auf dem Feld steht. Ausschlaggebend dafür sind die Anzahl der Spieler in der Defensive-Line und die Linebacker.

Während bei der 4-3 Formation vier Spieler in der Defensive-Line und drei Linebacker auf dem Feld stehen, kehrt sich dieses Verhälntnis in der 3-4 Aufstellung um. Dort besteht die D-Line lediglich aus drei Spieler und vier Linebackern. In aller Regel legt sich ein Team auf eine dieser beiden Varianten fest und nutzt dieses Schema überwiegend für seine Verteidigung. Hin und wieder kann es jedoch vorkommen, dass aus taktischen Gründen bewusst auf die andere Variante gesetzt wird, um den Gegner zu überraschen und zu verwirren.

Die Aufgabe der Defense ist es natürlich die Offensive vom Punkten abzuhalten. Dies kann auf mehrere Arten passieren. Entweder schafft man es der gegnerischen Offense innerhalb ihrer vier Versuchen nicht mehr als 10 Yards Raumgewinn zu geben oder man erzwingt einen Turnover von der Offense. Dieser Ballbestitzwechsel kann auf verschiedenen Arten und Weisen passieren. Die häufigsten Arten sind die Interception und der Fumble. Bei einer Interception fängt ein Verteidiger den Pass eines gegnersichen Spielers ab, während bei einem Fumble ein gegnerischer Spieler den Ball fallen lässt, der im Anschluss von einem Verteidiger aufgenommen wird. Dabei ist es der Defense sogar möglich selbst Punkte zu erzielen, wenn es ihr gelingt den Ball nach einer Interception oder einem Fumble in die gegenerische Endzone zu tragen.

Darüber hinaus unterscheidet man zwischen zwei unterschiedlichen Komponenten der Verteidigung: der Coverage und dem Pass Rush. Letzterer dient dazu, das Laufspiel zu stoppen und gleichzeitig den Quarterback unter Druck zu setzen. Davon erhofft man unüberlegte und spontane Fehlentscheidungen, die von der Verteidigung ausgenutzt werden können. Die Coverage hingegen dient dazu, dem Quarterback seine Passoptionen zu nehmen, indem man alle seine Receiver und Tight Ends abdeckt .

Das klingt grudnsätzlich simpel, allerdings muss man in der Verteidigung in der Lage sein, die Vorhaben der Offensive zu durchschauen und sie zu verhindern. Die dafür notwendige Übersicht ist nur über harte Arbeit und jahrlange Erfahrung, gemischt mit Talent und Instinkt zu erreichen.

Defensive-Line

Die Defensive-Line (D-Line) ist der Grundbaustein der Verteidigung. Sie besteht je nach Verteidigungskonzept aus drei oder vier Spielern und ist das Gegenstück der Offensive-Line. Um ihre Präsenz herum muss die Offense ihr Blocking aufbauen. Ihre Aufgaben und Positionsbezeichnung unterscheiden sich wie in der O-Line nach ihrer Positionierung auf dem Feld.

Das Zentrum der D-Line in einer 4-3 Verteidigung (vgl. Bild 1) besteht aus zwei Defensive-Tackles (DT, vgl. Bild 2). Die grundlegende Aufgabe der Tackles ist es, das Laufspiel der Gegner zu stoppen und ab und zu Druck auf den Quarterback auszuüben. Die guten DTs können es dabei mit mehreren Blockern auf einmal aufnehmen und so die gegnerischen OTs von ihren Linebackern fernhalten.

Sie werden von den Defensive-Ends (DT, vgl. Bild 3) unterstützt, die sich außerhalb der Tackles aufstellen. Sie sind der Hauptbestandteil des sogenannten „Pass-Rush„. Das bedeutet sie wollen den Quarterback am Passen hindern, indem sie ihn unter Druck setzen und am besten sogar für Raumverlust zu Fall bringen (auch „Sack“ genannt). Diese besondere Aufgabe verlangt eine Kombination aus Kraft, um es mit den physischen O-Linern aufnehmen zu können und Schnelligkeit, um möglichst schnell beim Quarterback sein zu können.  

In einer 3-4 Verteidigung (vgl. Bild 4) gestaltet sich der Aufbau etwas anders. Dort gibst es lediglich einen Defensive-Tackle, der sich in der Regel gegenüber des Centers positioniert. Er wir auch Nose Tackle (NT, vgl. Bild 5) genannt. Für diese Position muss ein Spieler ganz besonders krafvoll und stark sein, da sie von mehreren Seiten angegangen werden. Wirklich dominante NTs können jedoch einen Albtraum für jede Verteidigung darstellen. Umrahmt wird diese Position ebenfalls von zwei DEs, die in dieser Aufstellung deutlich enger zusammen stehen (vgl. Bild 5).

Generell lässt sich die D-Line sehr einfach daran erkennen, dass sie sich gegenüber der O-Line aufstellt. Vor manchen Spielzügen bewegt sich die D-Line noch ein paar Schritt nach link oder rechts. Dieser Vorgang wird auch als „Shift“ bezeichnet und wird genutzt, wenn beispielsweise ein Laufspielzug in eine bestimmt Richtung erwartet wird. Man erhofft sich so den Lauf besser unterbinden zu können.

Linebacker

Die Linebacker sind das Herzstück der Verteidigung. Sie vereinen alle Welten der Defense und werden sowohl für die Laufverteidigung, den Pass-Rush als auch für die Coverage gebraucht. Deswegen müssen Linebacker die vielseitigsten Athleten auf dem Spielfeld sein.

Ihre genauen Aufgaben hängen von der Anzahl der Linebacker auf dem Feld und ihrer Positionierung ab. Die vier Linebacker in einer 3-4 Verteidigung (vgl. Bild 1) unterteilen sich in zwei Inside-Linebacker (ILB, vgl. Bild 2) und zwei Outside-Linebacker (OLB, vgl. Bild 3). Die ILBs stellen sich in der Regel auf der Höhe der Offensive-Guards auf. Sie müssen es aufgrund des fehlenden D-Liners mit den offensiven Blockern aufnehmen können. Gleichzeitig ist es ihre Aufgabe den Lauf durch die Mitte zu stoppen und potenzielle Pässe in ihrem Zuständigkeitsbereich abzudecken. Sie benötigen also eine Mischung aus Stärke, Reaktionsschnell und Geschwindigkeit. Ähnlich verhält es sich mit den OLBs: Sie sind etwas kleiner und schneller als ihre Kollegen in der Mitte, werden in der 3-4 Verteidigung allerdings vorwiegend für den Pass-Rush eingesetzt.

In der 4-3 Verteidigung (vgl. Bild 4) gestaltet sich die Aufgabenverteilung etwas anders. Anstelle von zwei Inside-Linebackern übernimmt nur ein Middle-Linebacker (MLB, vgl. Bild 5) die zentrale Position in der Verteidigung. Er agiert dabei oft als Kopf der Defense und gilt als defensives Äquivalent des Quarterbacks. In seinen Aufgabenbereich fällt damit neben Blocken, Abdecken und eventuelle Hilfe im Pass-Rush auch das Lesen der Offensive. Das bedeutet er liest die Offense vor dem Snap und bereitet seine Mannschaft mit verschiedenen Ansagen und eventuell einzelnen Anpassungen auf den Spielzug vor. Im Gegensatz zu den OLBs in einer 3-4 Verteidigung, müssen die beiden Linebacke rechts und links vom MLB deutlich vielseitiger einsetzbar sein. Sie werden nicht primär für den Pass-Rush eingestetzt, sondern müssen die gleichen Aufgaben wie der MLB übernehmen. Das bedeutet sie müssen auch gegen den Lauf verteidigen und Passwege abdecken können.

Wenn man sich etwas tiefergehend mit der Taktiksprache des Footballs auseinanderstezt, trifft man in Bezug auf Linebacker früher oder später auf die Bezeichnung des Mike (vgl. Bild 5). Diese bezieht sich auf den MLB in einer 4-3 Verteidigung. Er wird oftmals vom Quarterback identifiziert, um sich in der gegenersichen Defense zu orientieren. Damit einher gehen auch die Namen des Sam (vgl. Bild 6) und Will (vgl. Bild 7). Sie beziehen sich auf die anderen zwei Linebacker, die sich links und recht vom MLB aufstellen. Dabei spielt der Sam auf der sogeannten starken Seite des Feldes und der Will auf der schwachen.

Die Linebacker lassen sich einfach identifizieren, da ich sich meist ein paar Yards im defensiven Backfield aufstellen. Allerdings können sie sich je nach defensivem Spielzug auch in die Defensive-Line einreihen und zusätzlichen Druck im Pass-Rush aufbauen.

Erklärung: Das Footballfeld lässt sich vor jedem Snap in zwei unterschiedliche Hälften entlang des Centers unterteilen: In die sogenannte Strong-Side (starke Seite) und die Weak-Side (schwache Seite). Diese Unterscheidung hängt von der Anzahl der Blocker links und rechts des Centers ab. Das in diesem Beitrag gewählt Beispielt hat auf der rechten Seite der Offensive-Line den Tight End. Damit wird die rechte Seite zur Strong-Side (rote Seite), da hier drei statt nur zwei Blockern aufgestellt werden. In aller Regel werden die Laufspielzüge über diese Seite gelaufen. Daher werden auf dieser Seite besondere Spielertypen eher gebraucht, als auf der schwachen Seite des Feldes.

Defensive-Backs

Die Defensive-Backs sind die letzte Verteidigungslinie. Sie werden insbesondere in der Passverteidigung eingesetzt und sind daher mit den Wide-Receivern die schnellesten Spieler auf dem Feld. Zu ihrer Hauptaufgabe gehört das Abschirmen der Receiver und das Unterbinden der Pässe. Die Backs müssen aber auch gute Tackler sein, da sie es regelmäßig mit größeren und toughen Gegenspielern zu tun bekommen. Sie unterscheiden sich grundsätzlich in zwei Positionen: Safeties und Cornerbacks.

In einem normalen Verteidigungschema übernehmen zwei Verteidiger die Rolle des Safety. Sie stehen am tiefsten im defensiven Backfield und übernehmen das Abdecken tiefer Routen. Sie werden (ähnlich wie die Linebacker) in Strong- und Weak-Side Verteidiger unterteilt. Der Strong-Safety (SS, vgl. Bild 2) spielt auf der starken Seite des Feldes und bekommt es daher besonders oft mit den toughen Runningbacks und Tight Ends zu tun. In der modernen NFL ist seine Position fast schon eher mit einem Linebacker als mit einem Defensiv-Back zu vergleichen. Dennoch muss er schnell genug sein, um nicht einen zu großen Nachteil gegen die Receiver auf der Strong-Side zu haben. Auf der anderen Seite des Feldes spielt der Free-Safety (FS, vgl. Bild 3). Er positioniert sich in der Regel am tiefesten im defensiven Backfield, damit er das gesamte Spielfeld im Blick haben kann. Er hat die Aufgabe, dass kein Receiver ihn überlauft und er muss ein besonders guter Tackler sein. Schließlich ist er die letzte Absicherung vor der Endzone, sodass jedes verpasste Tackle besonders schwere Folgen hat.

Die Cornerbacks hingegen werden nicht besonders unterteilt. Ihre Hauptaufgabe ist das Abdecken der schnellen Wide Receiver, weswegen sie besonders schnell sein müssen. Sie stellen die Außenbahnen des Feldes zu und stellen sich daher am weitesten nach außen (vgl. Bild 4).Ihre 1-gegen-1-Duelle gegen die Passempfänger können besonders spekatulär werden und für Highlight-Spielzüge sorgen, weswegen auf diesen Matchups immer ein besonderes Augenmerk liegt. Gute Cornerbacks scheuen auch nicht davor zurück mal in den Pass-Rush überzugehen und mit einem sogeannten Corner-Blitz den Quarterback zusätzlich unter Druck zu setzen.

Es kommt auch mal vor, dass ein zusätzlicher Defensive-Back für einen Spielzug auf das Feld kommt. Dafür nimmt das Team dann einen Linebacker oder Defensive-Line-Spieler runter. Insbesondere wenn ein tiefer Pass erwartete wird, greifen Teams zu diesem sogennanten Nickel-Back. Möchte eine Team noch einen sechsten DB aufstellen, spricht man auch von einem Dime-Back, der dann für zusätzlichen Schutz gegen den Pass sorgt.

Special-Teams

Wenn die Offensive eines Teams es nicht schafft innerhalb von drei Versuchen mehr als 10 Yards Raumgewinn zu erzielen, kommt in aller Regel für den vierten Versuch das sogennante Special-Team aufs Feld. Je nachdem wo ein Angriff auf dem Feld gestoppt wurde, verändert sich ihre Aufgabe und damit auch ihre Formation und die Positionen.

Kicker

Wird die Offensive beispielsweise kurz vor der Endzone gestoppt, wird das Special Team mit dem Kicker (vgl. Bild) für ein Fieldgoal auf das Feld geschickt. Im Gegensatz zu einem Touchdown gibt ein Fieldgoal nur 3 Punkte. Dafür muss ein Team sich nicht bis in die Endzone durchkämpfen, sondern kann aus der Entfernung versuchen, den Ball durch die beiden Stangen am Ende des Feldes zu schießen. Diese Aufgabe fällt dann dem Kicker zu, der nicht nur viel Kraft im Bein haben muss, sondern auch stets einen kühlen Kopf bewahren muss. An seiner Konzentration hängt oft der Ausgang eines Spiels, da spielentscheidende Momente in den letzten Sekunden oft durch ein Fieldgoal entschieden werden.

DIe Distanz aus der ein Team bereit ist, ein Fieldgoal zu versuchen, hängt von den Fähigkeiten des Kickers ab. Manche auf dieser Position können den Football über weite Distanzen präzise schießen, sodass ihr Team auch gerne aus weiterer Entfernung für ein Fieldgoal geht. Durchschnittlich spricht man davon, dass man ab der gegnerischen 35-Yard Linie in der sogenannten Fieldgoal-Range ist. Das entspricht dann etwa einem 52-Yard-Fieldgoal, das jeder Kicker in der NFL halbwegs zuverlässig treffen sollte.

Gut zu wissen: Die Länge eines Fieldgoals setzt sich aus drei Werten zusammen: Zunächst aus der Höhe der Line-of-Scrimmage (in diesem Beispiel die 15-Yard-Line), dann aus der Tiefe der Endzone (immer 10 Yards) und der Positionierung des Holders (in der Regel 7 Yards hinter der LoS). Für dieses Beispiel steht für den Kicker also ein 32-Yard-Fieldgoal an.

Der Kicker kommt aber nicht nur für einen Fieldgoal aufs Feld. Seine Aufgabe ist außerdem der Kickoff nach einem Score oder zu Beginn einer Halbzeit und das Verwandeln des PAT (Point after Touchdown), der nach jedem Touchdown wie ein Fieldgoal von der 15 Yard Linie vollzogen wird und einen zusätzlichen Punkt für das Team gibt. Also: Touchdown 6 Pkt. + PAT 1 Pkt. = 7 Pkt. pro TD.

Punter

Gelingt es der Defensive die Offensive bereits in der eigenen Hälfte zu stoppen, wird ein sogenannter Punt notwendig. Dieser dient dazu, den Ball so weit wie möglich auf die andere Seite des Feldes zu schlagen, damit der gegnerische Angriff möglichst weit von der eigenen Endzone beginnt. Dafür hat jedes Team einen eigenen Punter (vgl. Bild 1), der nur für diese Aufgabe ausgebildet ist. Auf der gegnerischen Seite steht bei einem Punt der sogenannte Punt-Returner (vgl. Bild 2) auf dem Feld, der den Punt fängt und im Anschluss versucht den Ball wieder in die andere Richtung zu tragen (gleich verhält es sich bei einem Kickoff mit dem Kick-Returner). Bei diesen Spielern handelt es sich in der Regel um kleine wendige und schnelle Receiver, die oftmals im Slot spielen.

Neben diesen Positionen sind noch die Longsnapper und der Holder erwähnenswert, die wichtig für den erfolgreichen Ablauf eines Fieldgoals, PATs und Punts notwendig sind. Der Longsnapper über nimmt die Position des Centers und muss (wie der Name unschwer erkennen lässt) den Football möglichst weit nach hinten snappen können. Dieser Ball landet dann entweder beim Punter oder (bei einem Fieldgoal-Versuch) bei einem Holder, der den Football fängt und für den Kicker aufstellt.

Heiß, heißer, NBA-Playoffs!

Die Conference-Semifinals halten genau das, was ich mir von ihnen versprochen hatte: Enge, spektakuläre, energiegeladene und emotionale Spiele! Da man sagt, dass sich spätestens nach den ersten vier Partien Tendenzen für den Verlauf einer Serie erkennen lassen, wollen wir uns jetzt die Serien ein bisschen genauer anschauen. Vielleicht lässt sich in dem ein oder anderen Matchup schon erkennen, wer die Nase vorne hat!

Mavericks @ Suns

Im besonderen Fokus meiner Aufmerksamkeit war selbstverständlich die Serie der Dallas Mavericks gegen Phoenix. Während die Suns in den ersten beiden Spielen ihre gewohnte Dominanz an den Tag legen konnte, war Dallas in der Lage die zwei Heimspiele völlig anders zu gestalten. Im American Airline Center zeigte Phoenix ein ungewohntes Gesicht, das sich insbesondere an der Personalie Chris Paul ausmachen lässt.

Paul spielte in den ersten beiden Aufeinandertreffen vollkommen frei auf und führte gemeinsam mit Booker sein Team souverän an. Insbesondere in Spiel zwei übernahm er im vierten Viertel die Kontrolle und baute die spielentscheidende Führung fast im Alleingang auf. Auffällig war dabei, dass er sich in dieser dominanten Phase insbesondere auf die schwache Defense von Luka Dončić stürzte. Eine tiefgehende und sehr interessante Analyse dazu findet sich auf dem YouTube-Kanal von Thinking Basketball, das jeder taktisch interessierte sich unbedingt anschauen sollte.

Von dieser Dominan war in Dallas nicht mehr zu spüren! Stattdessen sah man eine seltene Seite des Veteranen. In der ersten Halbzeit des dritten Spiels sammelte Chris Paul ganze SIEBEN Turnover (in Spiel 1 und 2 zusammen 4) und wirkte mit seinem Spiel immer unzufriedener. Dies übertrug sich auch auf Spiel vier, in dem er früh in Foul Trouble kam und im vierten Viertel mit gerade mal 5 Punkten mit seinem sechsten Foul aus dem Spiel geworfen wurde.

Schuld dafür, war besonders die Intensität im Spiel der Mavericks. In den ersten beiden Partien ließ Dallas das Spiel der Suns mehr oder weniger ungehindert laufen. Erst in Spiel drei konnte man, angeheizt durch das Publikum, mit viel Einsatz und Kampfgeist Sand in das laufende Getriebe der Suns streuen. In Spiel drei wurde selbst Devin Booker mit lediglich 18 Punkten und gerade einmal 13 Wurfversuchen gut in Schach gehalten.

Auf der offensiven Seite zeigt sich besonders ein großer Unterschied zwischen den Auswärts- und Heimspielen der Mavericks: Luka Dončićs Punkte. Während er in Spiel eins und zwei wieder fast im Alleingang die Offensive am Laufen halten musste, verteilte sich die Verantwortung in den Heimspielen auf mehreren Schultern. Trotz seiner 45 Punkte in Spiel eins und seiner 35 Punkte in Spiel zwei hielt sich sein +/- Rating im negativen Bereich auf. Es fehlte die Unterstützung seiner Teamkollegen, die erst in Spiel drei eintraf. Insbesondere Brunson in Spiel drei und Finney-Smith in Spiel vier nahmen viel von der Scoring-Last von Lukas Schultern. Gepaart mit gutem Scoring von der Bank in Form von Bertans, Dinwiddie und Kleber gestaltete sich das Bild der Offensive ausgeglichener.

Nun bleibt zu hoffen, dass Dallas den Schwung aus den letzten beiden Spielen mit nach Phoenix holen kann, damit sie auch auf fremdem Terrain das wichtige Spiel fünf gewinnen können. Sollte dies gelingen, wäre die Chance auf einen Einzug in die Conference-Finals groß, während man bei einer Niederlage wieder mit dem Rücken zur Wand nach Dallas zurückkehren würde. Es bleibt abzuwarten, wie die Suns auf die letzten beiden Spiele reagieren und ob sie die Stellschrauben finden, mit deren Hilfe sie wieder die Oberhand gewinnen können. Spiel fünf wird hierfür richtungsweisend sein.

Sixers @ Heat

Die Serie zwischen Philadelphia und Miami zeigt den gleichen Verlauf: Nachdem die Heat die beiden Spiele zuhause gewinnen konnten, schlugen die Sixers nach der Rückkehr von Embiid zurück und glichen die Serie mit 2-2 aus. Daher ist Spiel fünf nun ebenso wichtig für den Ausgang der Serie wie bei Dallas und Phoenix. Doch in welche Richtung wird das Pendel schwingen?

Betrachtet man die ersten beiden Spiele, spricht alles für die Heat, denn sie konnten die ersten beiden Spiele dominant für sich entscheiden. Allerdings sind diese Aufeinandertreffen wohl kaum repräsentativ für den weiteren Verlauf der Serie. Seit der Rückkehr von Embiid haben die Heat sowohl in der Defense als auch in der Offense starke Probleme. Spiel drei und vier ging eindeutig zugunsten von Philadelphia aus und es wirkte stellenweise so, als würde den Heat nicht nur das Momentum, sondern auch ein Gameplan gegen die neuaufgestellte Offensive der Sixers fehlen.

Die Rückkehr von Point Guard Kyle Lowry auf Seiten der Heat ließ den gewünschten Effekt vermissen. Lowry traf in seinem ersten Spiel nach der Verletzung keinen seiner vier Wurfversuche und auch im darauffolgenden Spiel vier verwarf er alle seiner sechs Dreipunktwürfe und erzielte insgesamt nur 6 Punkte. Ein Leistungssprung in Spiel fünf würde den Heat helfen, mit Philadelphia mithalten zu können und die Serie wieder unter Kontrolle zu bekommen.

Auf Seiten der Sixers dreht sich alles um die Personalie Joel Embiid. Seine Rückkehr in Spiel drei stellte die Serie auf den Kopf. Diese Entwicklung ist keine Überraschung, wenn man bedenkt, dass der MVP-Kandidat das Spiel seines Teams nicht nur in der Offensive, sondern auch in der Defensive stark mitprägt. Dafür muss Embiid nicht einmal die dominanten Zahlen auflegen, denn seine Stats in Spiel drei und vier wirken nicht überragend: 18 Punkte und 11 Rebounds in Spiel drei und 24 Punkte und 11 Rebounds in Spiel 4. Definitiv sehr gute Zahlen, aber nichts was für einen kompletten Gamechanger einer Serie spricht.

Viel entscheidender ist seine Präsenz und Ausstrahlung. Allein durch seine Anwesenheit öffnet Embiid Raum für seine Mitspieler und gibt ihnen Freiraum, der zu offenen Würfen und damit mehr Punkten führt. So stieg die katastrophale Wurfquote aus dem Dreierbereich (knapp 20% in Spiel 1 und 2) auf fast 50%. Außerdem hilft Embiids Ringschutz und Präsenz am Korb der defensiven Stabilität, sodass die Sixers seit seiner Rückkehr auch weniger Punkte in der Zone erlauben.

Neben Embiid steht auf Seiten der Sixers auch James Harden im Rampenlicht. Wurde gerade in den ersten beiden Spielen die Frage in den Raum gestellt, ob er noch in der Lage ist auf Playoff-Niveau zu scoren, so hat er spätestens in Spiel 4 gezeigt, was noch alles in ihm steckt. Mit 31 Punkten hatte Harden seinen besten Playoff-Auftritt im Jersey der Sixers und legte nebenbei noch 9 Assists für seine Mitspieler auf. Der Schlüssel dieser Serie werden Miamis Anpassungen in Spiel 5 sein. Wenn sie in der Lage sind, die Sixers mit Embiid in den Griff zu bekommen und sich auf die eigenen Stärken zu besinnen, wird Spiel fünf ein Feuerwerk, auf das sich jeder Basketball-Fan freuen kann!

Bucks @ Celtics

Einen etwas abwechslungsreicheren Schlagabtausch haben sich Milwaukee und Boston geliefert: Nachdem Milwaukee Spiel eins eindrucksvoll dominieren konnte vermuteten viele eine eindeutige Kiste zugunsten der Bucks. Dieser Einschätzung zum Trotz kämpfte sich Boston in Spiel zwei in die Serie zurück und konnte ausgleichen. Nach einem Thriller in Spiel drei, der zugunsten Milwaukees ausging, konnten die Celtics in Spiel vier erneut ausgleichen und so ist diese Serie die dritte, die mit einem Stand von 2-2 in Spiel fünf gehen wird.

Die dominante Kraft im Spiel der Bucks ist selbstverständlich Giannis Antetokounmpo. The Greek Freak spielt mit 32 Punkten, 13 Rebounds und 8 Assists im Schnitt eine statistisch herausragende Serie. Allerdings schmerzt bei den Bucks der Ausfall von Sidekick Khris Middleton, weswegen nur Jure Holiday eine verlässliche Stütze für den zweifachen MVP darstellt. Mit 21 Punkten, 6 Assists und fast 3 Steals im Schnitt ist Holiday neben Giannis der Grund für die zwei Siege aus den ersten vier Spielen.

Der Rest der Offensive spielt eine eher schwache Serie. „From Downtown“ treffen die Bucks nicht einmal 30% ihrer Versuche und auch von der Freiwurflinie ist die Quote unter 75%. Hierbei trägt aber auch Top-Scorer Giannis einen großen Teil bei, da er selbst nur 60% seiner Freiwürfe treffen konnte. Dazu kommt, dass der Griesche trotz einer mikrigen Trefferquote von 12,5% im Schnitt 4 Dreier pro Spiel genommen hat. Eine Entscheidung die ich weder von Cheftrainer Mike Budenholzer noch von Giannis selbst nachvollziehen kann.

Auf der Seite der Boston Celtics sieht es da schon anders aus. Mit Tatum und Brown scoren zwar ebenfalls nur zwei Spieler knapp über 20 Punkte im Schnitt, allerdings performt bei der Mannschaft aus Boston auch die Bank. Neben den zwei Top-Scorern erlebt vor allem der Veteran Al Horford seinen zweiten Frühling. In Spiel fünf erzielte er mit 30 Punkten die meisten Punkte seiner Playoffkarriere – und das mit 35 Jahren! Dabei agiert er oft auch als Energizer, der sein Team anfeuert und nach vorne pusht.

Insgesamt wirkte das Team der Celtics in Spiel vier ausgeglichener, motivierter und hungriger, insbesondere im vierten Viertel. Ein Schlüssel der weiteren Serie wird Jason Tatum sein, der zwar in Spiel vier mit 30 Punkten brillieren konnte, in den letzten Partien jedoch oft zu inkonstant war. Wenn er seine Leistung gemeinsam mit Al Horford und Jaylen Brown in Spiel fünf abrufen kann, – insbesondere wieder in der Crunch-Time – sieht es für die Celtics vielversprechend aus. Allerdings wird Giannis da auch noch ein Wörtchen mitzureden haben, denn so leicht möchten die Bucks ihren Traum von der Titelverteidigung noch nicht aufgeben.

Warriors @ Grizzlies

Die einzige Serie, die sich nach vier Spielen bereits in eine eindeutige Richtung gedreht hat, wird zwischen den Warriors und den Grizzlies ausgetragen. Hier konnten die Warriors in Spiel vier fast schon die Vorentscheidung treffen. Mit drei Punkten Vorsprung sicherten sich Steph Curry und Co. eine 3-1 Führung, die sie sich wohl kaum noch nehmen lassen werden.

Obwohl die Grizzlies in Spiel eins ganz knapp den Warriors unterlagen, kämpften sie sich in Spiel zwei zu einem 106-101 durch, dass ihnen zumindest den vorzeitigen Ausgleich ermöglichte. In San Francisco konnten sie jedoch nicht an ihre vorherigen Leistungen anknüpfen und ihnen wurden mit 142-112 ihre Grenzen aufgezeigt. Die Warriors schossen alle Lichter im Stadion aus und trafen 17 ihrer 32 Dreipunktewürfe, was die allgemeine Wurfquote auf 62,4% anhob.

Weniger heiß ging es in Spiel fünf los, in dem die Warriors gerade einmal 24% ihrer Dreier versenken konnten und nur 40% ihrer Würfe trafen. Dennoch reichte es für Golden State in Spiel fünf, in dem vor allem Chefkoch Stephen Curry mit 32 Punkten und sechs entscheidenden Freiwürfen in der letzten Minute den Sack zumachen konnte.

Dennoch muss man es den Grizzlies hoch anrechnen, dass sie in Spiel vier so gut mithalten konnten, obwohl ihr Super-Youngstar Ja Morant verletzt ausfiel. Morant legte in den ersten drei Spielen 38,3 Punkte, 8,3 Assists und 3 Steals pro Partie auf. Eine bärenstarke Performance des 22-Jährigen, dem man jetzt schon eine goldene Zukunft in der Liga voraussagen kann. Für einen Sieg über die Warriors wird es für die Grizzlies dieses Jahr wohl nicht reichen, allerdings hat das junge Team viele wichtige Erfahrungen in dieser Post-Season gesammelt. Es bleibt abzuwarten was dieses junge Team in Zukunft noch alles leisten wird.

Insgesamt zeigen die Warriors das, was sie bereits in der ersten Runde der Playoffs bewiesen haben: Sie sind heiß auf den Titel und bereit alles zu geben. Auch ohne Steve Kerr an der Seitenlinie, der wegen einer Corona-Infektion nur vor dem Fernseher mitfiebern konnte, spielten die Warriors in Spiel vier solide ihre Stiefel und wenn bei den Superstars weniger ging, dann übernahm Otto Porter Jr. im vierten Viertel die Verantwortung und brachte sein Team wieder in Schlagdistanz.

Ich sehe die Warriors in der aktuellen Verfassung als heißesten Favoriten auf den Titel und bin sehr gespannt, wer sich im Western-Conference-Final mit dem Team aus Oakland messen darf. In jedem Fall wird es ein großes Fest!

Tipp der Woche:

Drei von vier Conference-Semifinals stehen 2-2! Wer braucht da noch einen Tipp?! Ganz klar alle Spiele angucken, denn es wird elektrisierend!

ROUND TWO!

Die erste Runde der Playoffs ist vorbei! Diese Nacht konnten sich Memphis Grizzlies gegen die Minnesota Timberwolves mit 114-106 durchsetzen und sich den letzten Platz in den Conference-Semifinals sichern. Dabei gestalteten sich fast alle Serien der ersten Playoff-Runde als überraschend einseitig: Nach mindestens sechs Spielen war in allen Aufeinandertreffen die Messe zugunsten des besser platzierten Teams gelesen. Dennoch konnte die erste Runde bereits sehr viel Spaß beim Zuschauen und Analysieren machen und erste interessante Einblicke in die Form und Strategie der Teams geben.

Der Osten

Bucks @ Celtics

Die erste Partie des Conference-Halbfinales wird am heutigen Sonntag in Boston zwischen den Celtics und den Bucks aus Milwaukee stattfinden. Zur besten deutschen Sendezeit wird der Titelverteidiger auf eine junge Truppe mit viel Rückenwind treffen. Schließlich hätte vor der Serie keiner damit gerechnet, dass die Celtics die Brooklyn Nets um die Superstars Kevin Durant und Kyrie Irving mit einem 4-0 in die Off-Season schicken würden! Zwar waren alle vier Spiele sehr eng und wurden erst in den letzten Minuten entschieden, allerdings zeigten die Celtics in den entscheidenden Momenten Nerven aus Drahtseilen und konnten so kurzen Prozess mit den Nets machen. Diese vier knappen Ergebnisse in Folge haben den vielen jungen Spielern der Celtics weitere wichtige Erfahrung und Selbstvertrauen mit auf den Weg gegeben. Diese werden sie bitter nötig haben, denn sie treffen mit den Milwaukee Bucks nicht nur auf den MVP-Kandidaten Giannis Antetokounmpo, sondern auch auf ein ausgeglichenes Championship-Team, dass ein klares Ziel vor Augen hat: den Titel verteidigen.

Der erste Schritt in diese Richtung ist Milwaukee dabei eindrucksvoll gelungen. Mit 4-1 ließen die Bucks den ersten Playoff-Run der Bulls seit 2017 im Keim ersticken. Insbesondere Giannis konnte mit knapp 28 Punkten, 13 Rebounds und 6 Assists in den fünf Spielen überzeugen. Aber auch seine Support-Cast in Holiday, Middleton, Lopez, Allen und Portis konnte mit durchschnittlich zweistelligen Punkten pro Spiel zeigen, dass das Team aus Milwaukee es ernst mit der Titelverteidigung meint. Beeindruckend war dabei auch die Verteidigung, die das Trio aus DeRozan, Vucevic und LaVine bei knapp 60 Punkten pro Spiel halten konnte.

Fazit: Auch bei dem Blick auf die Statistiken zeichnet sich bei Boston und den Bucks ein sehr ähnliches Bild. Sowohl in den Kategorien Rebounds, als auch Assists, Turnover und Wurfquote lieferten beide Teams fast identische Zahlen. Daher gehe ich hier von einer hart umkämpften Partie aus, die sich durchaus bis in Spiel sieben ziehen kann.

Mein Tipp: 4-3 für Milwaukee.

Sixers @ Heat

Die andere Serie im Osten verspricht mindestens genauso spannend zu werden: Hier trifft mit den Miami Heat das beste Team aus der regulären Saison im Osten auf die Sixers aus Philadelphia mit ihren Superstars Joel Embiid und James Harden. Während Miami sich sehr souverän und ohne größere Probleme gegen die Atlanta Hawks durchsetzen konnte, kamen die Sixers gegen die Raptors trotz einer komfortablen 3-0 Führung etwas ins Straucheln und konnten sich am Ende erst in Spiel sechs mit einer dominanten Vorstellung in der zweiten Halbzeit durchsetzen. Im Fokus der Sixers steht neben James Harden, der mit knapp 20 Punkten und 10 Assists eine sehr gute erste Runde gespielt hat, auch der Sidekick Tyrese Maxey im Fokus. Mit 40 Prozent Trefferquote „from Downtown“ und knapp 21 Punkten mit der durchschnittlich längsten Zeit auf dem Feld, spielte er für die Sixers in ihrem Weiterkommen eine große Rolle.

Alle Augen liegen aber natürlich auf dem Franchise-Spieler der 76-ers. Joel Embiid zog sich im entscheidenden Spiel gegen die Raptors bei einem unsanften Aufeinandertreffen mit einem gegnerischen Ellenbogen eine Gesichtsverletzung inklusive Gehirnerschütterung zu. Selbst wenn er in der Lage sein wird trotz der Einschränkung, eventuell mit einer Maske, zu spielen, wird es mindestens für das erste Spiel gegen die Heat fehlen. Der Verlust von Embiid, der bislang 26 Punkte und 11 Rebounds zum Erfolg seiner Truppe beisteuern konnte, wäre für die Sixers ein vernichtender Schlag, der sie in meinen Augen aus den Playoffs werfen würde.

Schließlich trifft Philadelphia auf eines der stärksten Teams im Osten. Miami konnte nicht nur in der regulären Saison mit gutem Basketball überzeugen, sondern auch in den Playoffs zeigten sie in der ersten Runde, dass sich das Team von Erika Spoelstra gut auf eine Serie und den Gegner einstellen kann. Den Heat gelang es den besten gegnerischen Scorer mit Trae Young fast vollständig aus der Serie zu nehmen und so ungefährdet in die Conference-Semifinals einzuziehen. Ganz so einfach wird dies mit Spielern wie Embiid und Harden zwar wohl nicht gelingen, allerdings werden sich die Heat mit Sicherheit einige taktische Kniffe überlegen. Wenn sie diese gut auf das Parkett bringen können und mit gemeinsam mit Butlers offensiver Power aus der ersten Runde kombinieren (30 Punkte, bei knapp 55% aus dem Feld) wird es selbst für Sixers auch in Bestbesetzung eine große Herausforderung sich gegen die Heat durchzusetzen. Allerdings ist auch der Führungsspieler der Heat in Spiel fünf gegen die Hawks verletzungsbedingt ausgefallen. Seine Verletzung am Knie wird jedoch nicht als schwerwiegend eingeschätzt, sodass ein Einsatz in Spiel eins am kommenden Montag nicht ausgeschlossen ist. Kyle Lowry, der ebenfalls seit Spiel drei der ersten Runde verletzungsbedingt ausgefallen ist wird wohl ebenfalls im Laufe der Halbfinalserie zurückerwartet.

Fazit: In dieser Serie wird es also auf den Gesundheitsstatus der Star-Spieler beider Teams ankommen. Aufgrund der Leistungen in der ersten Playoffrunde sehe ich die Heat ein kleines Stück vor Philadelphia, die einfach zu abhängig von ihrem All-Star-Big-Man sind. Sollte Embiid für mehr als zwei Spiele ausfallen, ist in meinen Augen die Serie schon so gut wie entschieden.

Mein Tipp: 4-2 für Miami.

Der Westen

Mavericks @ Suns

Die in meine Augen interessanteste Serie in den Conference-Semifinals findet zwischen den Phoenix Suns und den Dallas Mavericks statt. Das hängt auf einer Seite natürlich mit meiner Liebe zu den Mavs zusammen, aber auch objektiv hat die Serie großes Potenzial. Dallas konnte sich in sechs Spielen gegen die enttäuschenden Utah Jazz durchsetzen, wobei sie die erste drei Spiele auf ihren Superstar Luka Dončić verzichten mussten. Der MVP-Kandidat zeigte in der zweiten Hälfte der Serie direkt, wie wichtig er für sein Team ist und legte neben 29 Punkten noch 10 Rebounds und 5,7 Assists auf. Besonders beeindruckend ist seine +/- Wertung, in der er mit 18,0 deutlich von seinen Teamkollegen abhebt. Dennoch wird es eine geschlossene Mannschaftsleistung brauchen, um den Suns etwas entgegen setzen zu können. Insbesondere Brunson, aber auch Kleber, Bertans, Finney-Smith und Co. müssen Verantwortung übernehmen, ihre Rolle ausfüllen und ihre Würfe treffen.

Mit den Phoenix Suns bekommt man es schließlich nicht nur mit dem besten Team der regulären Saison zu tun, sondern auch mit dem amtierenden Champion der Western Conference. Selbst wenn die Suns letzte Saison noch von den Bucks an ihrem Championship-Run gehindert wurden, sind sie nach wie vor heiß auf den Titel und haben wieder beste Chancen. Denn obwohl auch die Suns für drei Spiele auf ihren Superstar in Devin Booker verzichten mussten, spielten sie guten Basketball. Chris Paul führte dabei mit seiner Erfahrung die Mannschaft an. 22 Punkte und 11 Assists legte er im Schnitt über die erste Runde hinweg hin. Unterstützt wurde er von Deandre Ayton mit 20 Punkten und knapp 10 Rebounds, bei 70 Prozent Trefferquote! Auch Mikal Bridges spielte eine gute Serie und scorte immerhin 17 Punkte. In den drei Spielen, in denen Devin Booker spielen konnte, legte er 23 Punkte auf und traft 48 Prozent seiner Dreier und insgesamt 50 Prozent aus dem Feld.

Bei seiner Rückkehr in Spiel sechs spielte der Star der Suns jedoch noch unter seinen Erwartungen: Trotz 32 Minuten Spielzeit legte er lediglich 13 Punkte auf und traf nur einen von sechs Dreiern. Im Gegensatz dazu hatte Chris Paul ein perfektes Spiel und verwandelte alles 14 Würfe inklusive aller Dreier und Freiwürfe.

Fazit: Mit den Phoenix Suns steht ein sehr starkes, gut vorbereitetes Team mit guter Moral in den Conference-Semifinals. Sie wollen unbedingt ihren Weg zurück in die Finals beschreiten und müssen dafür nun an den Dallas Mavericks vorbei. Diese werden mit einem genesenen Luka einiges entgegenzusetzen haben und es wird sehr interessant mit welchen Herangehensweisen die beiden Teams versuchen werden die gegnerische Offensive zu stoppen. Obwohl die Suns das personell vielleicht bessere Team sind, sehe ich (vielleicht aus meiner Fan-Brille) bei den Mavericks eine echte Chance das beste Team aus dem Westen zu schlagen.

Mein Tipp: 4-3 für Dallas.

Grizzlies @ Warriors

Wenn ein Team in den Playoffs bislang meine Erwartungen übertroffen haben, dann sind es die Golden State Warriors. Das Team aus Oakland ließ den Nuggets in der ersten Runde keine Chance und gewann mit 4-1. Besonders war dabei die gut getimte Rückkehr von Curry nach etwas längerer Verletzungspause zu Beginn der Playoffs und Klay Thompsons erste Playoff-Minuten nach zwei Jahren verletzungsbedingter Zwangspause. Beide Splash-Brothers lieferten gegen die Nuggets ein Feuerwerk ab, das an die alten Championship-Warriors erinnerte. Ebenfalls essenziell für diese Serie war das Aufleben von Jordan Poole, der zeigen konnte, dass auch auf Playoff-Niveau einiges in ihm steckt. Er hatte bereits eine wirklich gute reguläre Saison, in der er 18,5 Punkte und 4 Assists bei soliden Wurfquote ablieferte. Passend zu den Playoffs legte er nochmal eine Schippe drauf und war in Spiel 1 und 2 Top-Scorer seines Teams.

Auch Andrew Wiggins half dem Team mit durchschnittlich 14 Punkten pro Spiel und einer Wurfquote von über 50 Prozent. Selbstverständlich ist auch die Defensive und die Spielintelligenz von Draymond Green mal wieder ein sehr positiver Faktor, der seinem Team auf vielen Wegen hilft. Insgesamt buchten die Warriors in sehr dominanter Manier ihr Ticket für die nächste Runde und sind bereit jetzt um die Conference-Finals zu spielen.

Diesem Ziel stellen sich die Memphis Grizzlies entgegen. Diese hatten deutlich mehr Probleme mit ihrem Gegner in der ersten Runde. Die Timberwolves fuhren ihre Krallen aus und lieferten einen echten Kampf gegen die Grizzlies. Während die ersten beiden Spiele eindeutige Schlagabtausche waren, entwickelt sich die Serie spätestens in Spiel vier zum absoluten Thriller. Denn während die Grizzlies Spiel vier noch mit einem Punkt verloren, konnten sie Spiel fünf in letzter Sekunde durch einen Gamewinner von Ja Morant für sich entscheiden.

Besonders heraus stach bei den Grizzlies neben Morant (21,5 Punkte,  10,5 Assists, 8,7 Rebounds) auch Desmond Bane. Er überzeugte nicht nur mit sehr starken Wurfquoten, sondern auch mit über 23 Punkten pro Spiel. Unterstützung erhielten die beiden Gurard von Dillon Brooks und Brandon Clark (beide mit durchschnittlich 16 Punkten).

Fazit: Ob dieses junge Team aus Memphis schon in der Lage ist gegen ein Warriors-Team aus erfahrenen NBA-Champions zu bestehen wird sich zeigen. Mich hat Golden State in der ersten Runde so überrascht, dass ich wenig Hoffnung für die Grizzlies habe. Ich denke es wird eine relativ einfache Serie für die Warriors, die am Ende in das Conference-Final einziehen werden.

Mein Tipp: 4-2 für Golden State.

Tipp der Woche: Der NBA League-Pass

Für jeden Basketball-Fan spätestens in den Playoffs ein Muss! Für gerade mal 17,99€ bietet der League Pass alle Playoff-Spiele inklusive Zusammenfassungen und On-Demand-Funktion. Einziger Haken: Man muss ihn rechtzeitig wieder kündigen, sonst verlängert er sich für den vollen Preis eines Jahres. Also: Zuschlagen und Playoffs genießen, wie man möchte!

No Luka – No Problem

Vor knapp einer Woche ging es für die sechzehn besten NBA-Teams in die heiße Phase der Saison und die bisherigen Spiele versprechen ein Spektakel! Die Paarungen im Westen versprechen spannende Playoff-Serien zu werden: Mit Ausnahme der Warriors, die die ersten drei Spiele gegen die Denver Nuggets gewinnen konnten, gelang es allen Auswärtsteams eines der ersten zwei Spiele für sich zu entscheiden. Selbst den Pelicans aus New Orleans gelang es den dominanten Phoenix Suns ein Heimspiel und damit den Heimvorteil zu stehlen. Aber auch die Paarungen im Osten können sich noch zu echten Thrillern entwickeln.

Der Osten im Überblick

Auf den ersten Blick verspricht der Osten jedoch recht einseitig zu werden. Mit Ausnahme der Milwaukee Bucks konnten alle Heimteams die ersten zwei Spiele für sich entscheiden. Philadelphia gelang es sogar das erste Spiel in Toronto gegen die Raptors zu gewinnen. Dieser Sieg sollte wohl ein Weiterkommen gesichert haben. Schließlich ist es bislang keinem Team gelungen von einem 3-0 Rückstand eine Serie für sich zu entscheiden. Die, über weite Phasen konkurrenzfähigen, Raptors konnten das Niveau der Sixers über weite Strecken der Partien nicht mithalten und am Ende besiegelte Joel Embiid mit seinem Dreier das wohl sichere Ausscheiden Torontos.

Ebenfalls einseitig schien sich die Begegnung zwischen den erstplatzierten Miami Heat und den Atlanta Hawks zu entwickeln. Den Heat gelang es in den ersten beiden Partien lehrbuchhaft Tray Young, den Top-Scorer der Hawks, fast vollständig aus dem Spiel zu nehmen. Vor heimischen Fans gelang es dem Star aus Atlanta jedoch durch viele Ausflüge an die Linie einen Rhythmus aufrechtzuhalten, was zu gewohnt spektakulären Dreiern und einem spielentscheidenden Floater in Spiel drei führte. Den Hawks gelang es in diesem turbulenten Spiel zurück in die Serie zu finden und die Chance auf die nächste Runde am Leben zu halten. Wenn Atlanta den Kampfgeist, den sie in dieser Partie gezeigt haben, konservieren können, werden sie auch Spiel vier eine große Herausforderung für die Miami Heat und Jimmy Butler sein.

Ein großes Fragezeichen im Osten sind die amtierenden Champions. Nach einem soliden Aufritt in Spiel eins folgte eine überraschende Niederlage im nächsten Aufeinandertreffen. Insbesondere DeMar DeRozan stach bei dem Sieg der Bulls mit 41 Punkten heraus und konnte gemeinsam mit seinen Teamkollegen LaVine und Vučević die Überraschung perfekt machen. Davon angestachelt ließen die Bucks Chicago in Spiel drei keine Chance und gewannen am Ende mit 40 (!) Punkten. Insbesondere das erste und dritte Viertel wurde von Milwaukee dominiert und reichte am Ende für einen Paukenschlag des Titelverteidigers.

 Die mit Abstand interessanteste Serie spielt sich jedoch im Nordosten der USA ab. Das Aufeinandertreffen der Boston Celtics und der Brooklyn Nets wurde unmittelbar nach dem Play-In-Tournament als die interessanteste Erstrundenbegegnung eingeschätzt. Schließlich trifft hier mit Boston ein gut eingespieltes Team um den Kern von Jason Tatum, Jaylen Brown und Marcus Smart auf das Superteam der Nets mit Kevin Durant und Kyrie Irving. Die ersten beiden Spiele hielten schon, was man sich von ihnen versprach. Nach einem umkämpften ersten Spiel, das Boston am Ende für sich entscheiden konnte, entschied Jason Tatum das zweite Spiel der Serie mit einem spielentscheidenden Korbleger. In einer spektakulären Sequenz, die stellvertretend für die in Boston vorherrschende Teamchemie auf dem Parkett steht, konnten sich die Celtics mit guter Ballbewegung ohne vorherige Auszeit in eine perfekte Ausgangslage bringen. Im Gegensatz dazu stehen die Nets vor dem dritten Spiel der Serie heute Abend mit dem Rücken zur Wand, denn um die Chance für den Einzug in die nächste Runde aufrechtzuhalten müssen sie diese Partie gewinnen.

Im Fokus: Dallas ohne Dončić

Der Schwerpunkt der ersten Ausgabe von PlayoffTime! liegt (wie soll es auch anders sein) bei meinem Lieblingsteam aus Dallas. Nach Nowitzkis Abschied in den Ruhestand und der offiziellen Machtübergabe an Luka Dončić vor zwei Jahren weht in Dallas ein neuer Wind. Der Youngstar lieferte seine zweite Saison in Folge auf MVP-Niveau ab. Er führte sein Team mit knapp 28 Punkten, 9 Rebounds und 9 Assists im Durchschnitt zu einer erfolgreichen regulären Saison. Die Bilanz von 52-30 reicht am Ende für Platz vier in den Playoffs und damit Heimvorteil in der ersten Runde gegen die Utah Jazz.

Im letzten Spiel der regulären Saison zog sich der Superstar dann eine Wadenzerrung zu und es war klar, dass er mindestens die ersten zwei Playoff-Spiele ausfallen wird. Nun sind die ersten drei Spiele ohne Luka gespielt und es spricht viel dafür, dass er heute Abend in Spiel vier in das Geschehen auf dem Parkett eingreifen kann. Dennoch stehen die Mavericks nach drei Spielen in Führung – und das ohne ihren Leader und Top-Scorer auf dem Feld.

Die erste Partie der Serie gestaltete sich als unerwartet eng. Dallas konnte ohne Luka das Niveau der Jazz mithalten und gestaltete das Spiel bis in die letzten Minuten hinein spannend. Leider gelang es den Mavericks nicht das Ruder herumzureißen und so ging das erste Aufeinandertreffen an die Jazz. Utah konnte das Spiel am Brett und in der Zone zu stark dominieren und die Dreierquote der Mavs war mit 28% ebenfalls zu schwach, um den Sieg zu erringen. Dennoch zeigt das erste Spiel bereits, dass Dallas auch ohne Luka mit den Jazz mithalten können.

Auf dieser Erkenntnis hervorgehend, lieferten die Mavericks in Spiel zwei ein Feuerwerk ab! Dieses lässt sich eindeutig an einer Personalie festmachen: Jalon Brunson. Der Point Guard mit der Triktonummer 13 stand 42 Minuten auf dem Feld und übernahm mit 41 Punkten, 8 Rebounds und 5 Assists die Verantwortung in dem bis dahin wichtigsten Spiel der Saison. Besonders beeindruckend sind diese Zahlen wenn man bedenkt, dass Brunson während des Spiels nicht einen einzigen Ballverlust verursacht hatte. Mit diesen Statistiken stellt er sich in einer Reihe mit den großen Namen der Liga. Denn diese Errungenschaft ist bislang nur Spielern wie Kevin Durant und Chris Paul gelungen. Ein Statement zum richtigen Zeitpunkt, wenn man bedenkt, dass der 25-Jährige in der kommenden Saison Free-Agent wird. Seinem Marktwert tat diese Performance auf jeden Fall gut.

Doch Brunson konnte diesen Sieg nicht allein erringen. Schützenhilfe erhielt er dabei aus Deutschland. Maxi Kleber schoss mit 8 Dreiern und einer Trefferquote von 72% die Lichter des American-Airline-Centers aus und Dalls konnte insbesondere mit einem starken Schlussviertel die Serie ausgleichen. Das einzige Problem bleib dabei noch die Rebound-Statistik, die mit 50-31 eindeutig an die Jazz ging. Ebenso schwach blieb in Spiel zwei die Verteidigung in der Zone, in der man 50 Punkte zuließ.

Dieser Sieg gab den Mavericks einiges an Momentum mit auf die Reise nach Salt Lake City. Trotz eines ausführlichen Trainings vor dem Spiel entschied man sich bei Dallas dafür Luka für noch ein Spiel weiteres Spiel auf die Bank zu setzen, um keine schwerere Verletzung zu riskieren. Das angeheizte Publikum in der vivint Arena erlebte in den ersten beiden Vierteln zunächst eine kalte Dusche. Dallas kam mit dem Momentum aus Spiel zwei aufs Parkett und spielte Utah phasenweise an die Wand. Sechszehn Punkte Vorsprung zur Halbzeit spiegelten die herausragende Leistung der Mavs um Jalon Brunson, Maxi Kleber und Spencer Dinwiddie wieder. Diese Führung schmolz im dritten Viertel jedoch dahin und die Arena begann, angeheizt von energiegeladenen Highlightspielzügen, zu kochen.

Unter anderem verantwortlich für den Einbruch in der zweiten Halbzeit waren die Foul-Probleme bei den Mavericks. Sowohl Finney-Smith, als auch Powell, Kleber und Dinwiddie mussten regelmäßig auf der Bank Platz nehmen, um ein frühzeitiges Ausscheiden aus dem Spiel zu verhindern. Dennoch konnte Dallas am Ende die Nase vorne behalten, auch wenn es dafür einen herausragenden step-back Dreier von Dinwiddie brauchte, um den Sack am Ende zuzumachen.

Gleichzeitig muss bei der Einschätzung von Dallas auch ein Blick auf das Team aus Utah geworfen werden. Die Jazz spielten phasenweise mutlos und nicht als Team. Ihr Spiel im Angriff war geprägt von vielen Einzelaktionen ohne große Erfolgschancen. Aber auch in der Verteidigung lieferten die Jazz zu wenig ab und offenbarten oftmals einen Mangel an Kreativität. Das reicht am Ende auch nicht gegen ein Team ohne den Superstar. Die schwache Leistung von Utah, bei denen Donovan Mitchell nicht alles im Alleingang regeln kann, spielt den Mavericks zwar in die Karten, soll ihre kämpferische Leistung und ihren Einsatz nicht schmälern. Wenn der Superstar fehlt, dann müssen andere den Schritt nach vorne wagen und die Verantwortung schultern. Genau das ist in Dalls bislang passiert und spricht für eine gute Teamchemie aus der einiges hervorgehen kann.

Das führt zu der Frage, inwiefern sich das Spiel mit Lukas Rückkehr verändern wird. In der letzten Playoff-Serie gegen die LA Clippers war der Spielplan von Dallas zu eindimensional auf Dončić ausgelegt. Dies reichte zwar um Los Angeles vor einige Probleme zu stellen, allerdings war es zu wenig um ihnen gefährlich zu werden. Mit dem Trainerwechsel von Rick Carlisle zu Jason Kidd, scheint sich einiges geändert zu haben. Das Team hat einen Plan B, der auch ohne den Superstar greift. Es bleibt zu hoffen, dass die Mavericks auch mit Luka auf dem Parkett in der Lage sein werden, die Last zu verteilen und Dončić die notwendige Unterstützung zu geben. Zu viel Verantwortung auf einer Person macht ein Team schließlich zu anfällig für individuelle Performanceeinbrüche. Wie genau sich das Spiel umgestaltet wird dann hoffentlich heute Abend am 23.04.2022 live zur deutschen Primetime zu sehen sein.

Tipp der Woche: Player-to-watch – Jordan Poole

Zum Abschluss wollte ich noch einen kleinen Tipp der Woche abgeben. Dieser ist in diesmal ein Player-to-watch, den man sich kommende Woche gerne genauer anschauen kann. Jordan Poole von den Golden State Warriors spielt bislang herausragende Playoffs und macht wahnsinnig Spaß beim Zuschauen! Der 22-Jährige legt bislang 28,7 Punkte bei herausragenden Wurfquoten aufs Parkett. Dabei verteilt er spektakuläre Assists und sorgt für ordentlich Stimmung in der heimischen Oracle Arena. Den jungen Mann sollte man als Sidekick von Curry und Thompson in den Playoffs auf jeden Fall im Auge behalten!