Das „Ticket-Sale Debakel“

Die NFL in München: ein Kommentar

Am 09. Februar wurde es offiziell! Die NFL trägt ihre ersten internationalen Spiele auch in Deutschland aus! Während 2022 die Allianz Arena in München als Austragungsort dienen wird, soll 2023 das Spiel in der Commerzbank-Arena in Frankfurt stattfinden. Das Feedback zu dieser Entscheidung war durchweg positiv: Immerhin war die Ansetzung der beiden Spiele eine Wertschätzung des deutschen Interesses am American Football. Schließlich scheint sich Deutschland als lukrativer Markt herausgestellt zu haben.

Der Hype war bei mir und vielen anderen Fans seitdem extrem groß! Schließlich bot sich die Möglichkeit endlich mal ein Footballspiel live zu sehen, ohne dafür eine halbe Weltreise unternehmen zu müssen. Aber unmittelbar nach der Verkündung war klar: Nicht jeder Interessierte wird Tickets ergattern können. Bereits am Tag der Bekanntgabe melden sich über 200.000 Menschen für den Newsletter an, um über den weiteren Vorgang bei der Ticketvergabe auf dem Laufenden zu bleiben. Eine Zahl die fast dreimal in die Allianz Arena gepasst hätte. Dementsprechend skeptisch äußerten sich einige Fans auf Social Media, dass es als Normalsterblicher wohl fast unmöglich sein wird an Karten zu kommen.

Als dann die Teams offiziell verkündet wurden, die in der Allianz Arena aufeinandertreffen werden, stieg der Hype noch weiter an! Mit den Seattle Seahawks und den Tampa Bay Buccaneers trifft nämlich eines der beliebtesten Franchise in Deutschland auf den erfolgreichsten Quarterback der NFL-Geschichte. Von einer solchen Paarung hatten vorher vielleicht noch viele geträumt, aber eher nicht gerechnet. Schließlich trafen doch eher Team auf dem Niveau der Jaguars und Jets in den letzten London-Games aufeinander. Da blieb nur noch eine Frage offen: Wann wird es die Tickets geben?

Diese Frage ließ sich über den Newsletter und alle Kanäle der NFL Deutschland beantworten: ab dem 19. Juli um 10 Uhr. Die Karten wurden über den Ticketanbieter Ticketmaster vertrieben, die bereits einen Monat zuvor die VIP bzw. Hospitality Tickets angeboten hatten. Jeder Football-Fan wusste, dass man pünktlich auf der Website sein musste, um überhaupt eine Chance auf Karten haben zu können. Schließlich war der riesige Andrang auf die Tickets bereits lange vor Verkaufsstart bekannt. Als es dann aber ab 10 Uhr ans Eingemachte ging, war die Enttäuschung bei vielen groß. Viele eingefleischte NFL-Fans, die seit Jahren den Sport verfolgen und sich sehr auf die NFL im eigenen Land gefreut hatten, gingen leer aus. Der Grund: Beim Ticketverkauf ging einiges schief. Was genau passiert ist und was man daraus hoffentlich für den Verkauf kommender Spiele lernen kann, möchte ich ein bisschen genauer untersuchen.

Bevor ich auf die Website und ihre (mangelhaften) Mechanismen eingehen werde, muss ich festhalten, dass ich nicht tief in der Thematik des Ticketverkaufs drin bin. Den einizigen Berührungspunkt, den ich mit schnell Transaktionen im Internet in den letzten Jahren hatte, waren die NVIDIA-Grafikkarten Drops auf notebooksbilliger.de, bei denen ich immer das Nachsehen hatte. Daher hoffe ich sehr auf den Input anderer Menschen, die gerne etwas Kontext zu dem Vorgehen von Ticketmaster geben können.

Der Warteraum

Grundsätzlich erschließt sich mir das System, dass sich frühzeitig vor Verkaufsstart ein Warteraum öffnet, in den sich besonders hingebungsvolle Fans rechtzeitig einfinden, um einen guten Platz in der Warteschlange zu erhalten. Dies scheint allerdings so nicht der Fall zu sein. Anders als bei einer Schlange vor einem Laden, werden die ersten in einem Warteraum auch nicht die ersten beim Kartenverkauf sein. Stattdessen bekommt jeder in diesem Raum eine zufällige Position in der Schlange zugelost, was mir im ersten Moment nicht logisch erschienen ist. Bei zweiter Betrachtung verstehe ich jedoch, dass im Internet andere Regeln als in Geschäften gelten: Viele Menschen lauern mit ihren Bots nämlich genau auf solche Gelegenheiten. Der Zufallsfaktor soll in dieser Gleichung dabei Abhilfe schaffen.

Nun möchte ich an dieser Stelle die Sinnhaftigkeit dieser Methode in Frage stellen, wenn man sich anschaut, dass es innerhalb weniger Minuten nach Freischaltung der Tickets bereits Angebote auf E-Bay gab, die die Karten für knapp das 10-fache ihres Wertes anboten. Gleichezitig tut es mir einfach nur weh zu hören, dass es Menschen gibt, die seit der Freischaltung des Warteraums dabei waren und am Ende ohne Tickets dastanden. Eventuell sollte man dann erst kurz vor Verkaufsstart einen solchen Raum anbieten, damit man sich nicht bereits Stunden zuvor einloggen kann, wenn dies eh keinen Vorteil bietet.

Die „Begrenzung“ der Karten

Ein weiterer Aspekt, der für viel Unmut gesorgt hatte, war die Einschränkung der Karten auf 6 pro Person. Dies war in den Augen vieler deutlich zu hoch angesetzt. Dieser Auffassung kann ich mich bedenkenlos anschließen, da 3 Karten pro Person auch vollkommen ausreichend gewesen wären. Dies hätte den Einfluss von Bots deutlich eingeschränkt, da diese mit Sicherheit immer die maximale Anzahl an Tickets erworben haben.

Daher hätte ein geringeres Maximum pro Person in meinen Augen zu einer faireren Chance für die tatsächlichen Fans geführt. Dies sollte man für die künftigen Tickets-Sales in Deutschland berücksichtigen und hier das Limit etwas nach unten schrauben.

Bots und Reseller: ein Geschwür des Internets

Das Hauptthema der gesamten Diskussion ist bereits in den ersten beiden Punkten mitgeschwommen: die Bots und ihre Folgen. Dieses Thema ist selbstverständlich kein neues Phänomen, sondern beschäftigt die Branche schon so lange, wie es sie gibt. Menschen, die versuchen unmittelbar zu Verkaufsstart möglichst günstig an eine Vielzahl von Tickets zu gelangen, um sie anschließend, überteuert zu verkaufen, gibt es schon lange. Ein „Geschäftsmodell“, das sich erstaunlich lange hält, weil es wahnsinnig lukrativ zu sein scheint. Selbstverständlich blieb auch ein so großes Event, wie das erste NFL-Spiel in Deutschland, nicht von diesen Geschäften verschont.

Wie bereits angeschnitten gingen bereits wenige Minuten nach der Freischaltung der Karten die ersten Angebote der Reseller online. Und diese hatten es in sich: Knapp das 10-fache des ursprünglichen Preises wird auf E-Bay, Viagogo und co. für die Karten verlangt. Der Frust der deutschen bzw. europäischen NFL-Fans ist daher verständlich:

Dabei hat man in der Branche bereits viele Erfahrungen im Umgang mit diesem Thema sammlen können. Deswegen gäbe es auch bereits einige Herangehensweisen, die diesen Geschäften einen Riegel hätten vorschieben können. So hätte man mit einer Zwischenschaltung von Captcha-Aufgaben Bots herausfiltern und deren Zugang zum Kauf verhindern können. Scheinbar hat man sich bei Ticketmaster aber gegen eine solchen Schutz entschieden.

Oder man hätte den ganz besonders harten Weg gehen können, indem man die Tickets personalisiert hätte. Einen Schritt, den ich persönlich sehr begrüßt hätte, weil so mit maximaler Transparenz die wirklichen Fans an ihre Karten gekommen wären. Den Themenkomplex Datenschutz möchte ich an dieser Stelle nur in einem Nebensatz thematisieren, da ich auf diesem Gebiet kein Experte bin und ich es darüber hinaus im Zusammenhang mit einem freiwilligen Besuch eines Events komplett bedenkenlos finde.

Fazit: Was holen wir für die Zukunft mit?

In meinen Augen liegt unter dem Strich das Versagen bei Ticketmaster und der NFL selbst. Selbstverständlich lässt sich das überteuerte Wiederverkaufen von Karten nicht komplett verhindern, allerdings wurde bei dem Verkauf allen Scalpern und Bots dieser Welt komplett freie Hand gelassen. Dies darf bei einem Event dieser Größe und Brisanz einfach nicht passieren! Ich hoffe sehr, dass die wichtigen Personen an den richtigen Stellen aus den gemachten Fehlern lernen und entsprechende Änderungen für den Ticketverkauf für das Spiel in Frankfurt 2023 machen werden.

Diese umfassen einige der hier angesprochenen Aspekte. Bezüglich des Warteraums bin ich zwiegespalten. Grundsätzlich bin ich der Meinung, dass Leute mit Engagement, die sich frühzeitig „in die Schlange stellen“ auch dafür belohnt werden sollten. Allerdings ist dies online deutlich leichter als beispielsweise für Camper vor einem Sneaker-Geschäft. Daher sehe ich hier nicht zwingend Handlungsbedarf. Eine einschneidendere Begrenzung der maximalen Tickets pro Person wäre da schon deutlich sinnvoller.

Was in kommenden Sales aber unbedingt benötigt werden wird, ist mindestens ein Schutz via CAPTCHAs oder sogar personalisierte Tickets. Denn unter dem Strich sollen nicht Dritte von einem solchen Event profitieren, sondern einzig und alleine die Fans. Ich denke mit dieser Ansicht bin ich nicht der Einzige und ich hoffe, dass dies für das kommenden Spiel in Frankfurt berücksichtigt wird.

Jetzt zählt Eure Meinung! Wie seht ihr das System des Warteraums an? Ist das sinnvoll oder einfach Blödsinn? Wie viele Tickets sollten pro Person maximal zur Verfügung stehen? Habt ihr noch weitere Verbesserungsvorschläge, wie man den Verkauf möglichst fair gestalten könnte? Konntet ihr allen Umständen zum Trotz dennoch Tickets erwerben? Ich freue mich sehr auf angeregte (und bitte möglichst sachliche) Diskussionen auf den sozialen Medien (Twitter oder Instagram) und den Kommentaren des Posts.

Zum Abschluss noch eine Bitte: Egal wie gerne ihr noch ins Stadion wollt – UNTERSTÜTZT AUF GAR KEINEN FALL DIE AKTUELLEN PREISE! Wie immer gilt der Preis wird durch die Nachfrage bestimmt. Solange also niemand bei diesen absurden Preisen zuschlägt, machen die Reseller keinen Profit und die Preise werden immer weiter sinken. Also tut Euch und Eurem Geldbeutel den Gefallen und warte kollektiv auf einen Preisabfall, denn man kann die Tickets für jeden Preis online stellen – solnage sie niemand kauft haben diese Karten auch nicht diesen Wert!

Ein Kommentar zu „Das „Ticket-Sale Debakel“

  1. Hallo, ich habe mir das durchgelesen und bin komplett deiner Meinung mit den personalisierten Tickets, das klappt überall. Wo ich gegen bin ist die max. Tickets pro Kopf. So war es perfekt. Wenn es anders gewesen wäre dann würden sich nicht 3 andere Leute über Tickets freuen. Ich habe es so gemacht. Warte Lounge ging zuende und man kam in die Warteschlange bei mir waren 8000 vor. Und ich war auch seit 9:30Uhr dabei. Wir brauchten eigentlich nur 3 Tickets und kurz vorher habe ich noch jemanden bei Insta gefragt ob Sie mit machen möchte, wenn Sie oder ich durchkommt Sie oder ich 4 Tickets holen und dann habe ich weitere 2 Gefunden die Karten haben wollten. Also haben 4 Leute vor dem PC oder Handy gesessen und wollten 6 Ticktes haben. Ich war der einzige der es geschafft hat und so sind 6 Leute glücklich. Die anderen hatten weit über 100k Leute vor sich. Warum ich nur 8k vor mir hatte keine Ahnung. Vllt lag es am Internet oder Latenz oder Ping ka. Also man sollte vieles ändern aber nicht alles. Personalisieren wäre eigentlich das wichtigste. Damit die A………. nicht das Event mit solchen utopischen Preisen Kaputt machen. Ich gratuliere allen die ein Ticket bekommen haben und wünsche den anderen viel erfolg für PV in Frankfurt und für das kommende Jahr in Frankfurt.

    LG Frank The Tank

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